Zinsanstieg trifft bald auch US-Unternehmen

Es sind bereits knapp 18 Monate vergangen, seit die Fed den schärfsten Zinserhöhungszyklus seit 40 Jahren eingeleitet hat. Die Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen schnellten daraufhin um 2%- bis 4%-Punkte in die Höhe. Die Auswirkungen dieses massiven restriktiven Impulses auf die Realwirtschaft sind aber bislang bescheiden. Von Wachstumsabkühlung ist selbst im 3. Quartal 2023 bislang wenig zu sehen. Man könnte meinen, die US-Wirtschaft sei immun gegen steigende Zinsen geworden.

Tatsächlich zeigen die Daten aus der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnung und den Unternehmens-Bilanzen, dass die Unternehmen vor Beginn des Straffungszyklus so solide aufgestellt waren wie selten zuvor. Als Folge davon haben die gestiegenen Zinsen bislang lediglich in Teilen der Wirtschaft – etwa dem Immobilienmarkt – Bremsspuren hinterlassen. Viele Firmen haben von dem Zinsanstieg zunächst sogar profitiert – speziell solche mit guter Liquiditätsausstattung: Unternehmen wie Apple, Microsoft und Alphabet haben auf ihre mächtigen Cash-Bestände unmittelbar höhere Zinseinnahmen kassiert, bei den Schulden aber noch von den im Niedrigzinsumfeld abgeschlossenen lang laufenden Altverträgen profitiert. Die Netto-Zinszahlungen sind daher sogar gesunken. Bei Alphabet lagen sie im 2. Quartal 2023 um mehr als 400 Mio. US-Dollar niedriger als ein Jahr zuvor. Sind die Unternehmen am Ende sogar Gewinner der Fed-Politik?

Dieser Schluss ist voreilig. Der positive Zinseffekt für die Unternehmen dürfte sich in den nächsten Monaten nicht nur abschwächen, sondern sich sogar umkehren. Die Zinsausgaben werden steigen, weil auslaufende Kredite und Anleihen nur zu schlechteren Konditionen refinanziert werden können. Gleichzeitig hat die Gewinnkompression bei den amerikanischen Unternehmen bereits eingesetzt. In der Folge schmelzen die Cash-Bestände, was sinkende Zinseinnahmen nach sich zieht.

Darüber hinaus belastet die restriktive Geldpolitik noch über zahlreiche weitere Kanäle die Realwirtschaft. Erstens haben die Banken nicht nur die Zins-, sondern auch die übrigen Kreditkonditionen gestrafft, zum Beispiel die Anforderungen an zu hinterlegende Sicherheiten. Zweitens trifft der restriktive Impuls der Geldpolitik neben Unternehmen auch verschuldete Privatpersonen. Früher oder später läuft hier ebenfalls die Zinsbindung von Hypotheken- und Konsumentenkrediten aus. Drittens ist bei der Bewertung neuer Investitionsprojekte die aktuelle und nicht die vergangene Zinsbelastung entscheidend. Viertens hat die Fed nicht nur den Leitzins angehoben, sondern kürzt auch ihr Bilanzvolumen. Der Abzug der Notenbankliquidität aus den Finanzmärkten belastet alle Vermögenswerte.

Diese Liste könnte man noch fortsetzen, aber auch so ist schon klar, dass sich das monetäre Umfeld auf allen Ebenen verschlechtert. Wann genau die belastenden Kräfte groß genug sind, um der Wirtschaft nachhaltig zu schaden, lässt sich nicht genau sagen. Die restriktiven Impulse dürften aber spätestens nach zwei Jahren ihre volle Wirkung entfalten. Zwischen Ende 2023 und Mitte 2024 sollte deshalb der konjunkturelle Gegenwind auch in den USA massiv zunehmen. Dann dürfte eine Flucht in die sicheren Häfen einsetzen. In der Folge werden die Renditen von US-Staatsanleihen wieder deutlich fallen und Anlegern attraktive Kursgewinne bescheren.

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