US-Treasuries noch nicht abschreiben

Der brutale Angriff der Hamas auf Israel ist ein erneuter globaler Schock und ein weiterer Beleg für die aktuelle geopolitische Instabilität. Es bleibt zu hoffen, dass der Krieg bald beendet wird bzw. auf Israel/ Palästina beschränkt bleibt und nicht noch andere Gruppen (libanesische Hizbullah) in den Konflikt eingreifen.

Die jüngsten Ereignisse können darüber hinaus als Indiz für das wachsende Selbstbewusstsein der Schwellenländer gewertet werden – denn hinter der Hamas steht niemand anderer als der Iran. Regionalmächte wie Persien, Saudi-Arabien, Russland oder die Türkei schrecken immer weniger vor offenen kriegerischen Auseinandersetzungen zurück. Dies hat auch damit zu tun, dass die einstige Weltpolizei USA zunehmend an Einfluss verliert. 

Der schleichende Niedergang der USA im globalen Machtgefüge ist nicht zuletzt für die künftige Entwicklung der Finanzmärkte ein zentraler Faktor. Eine Rolle spielt dabei das Dollar-Privileg, von dem die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten profitieren. Es bedeutet, dass ein Grossteil der weltweiten Handelstransaktionen im USD abgewickelt werden. Aus diesem Grund haben alle Länder der Welt ein hohes Interesse daran, Dollar-Bestände zu halten, die dann unter anderem in US-Treasuries geparkt werden. Dies erleichtert es den USA, ihre hohen Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren, die wiederum den chronischen Konsumrausch der US-Amerikaner ermöglichen.

Diese Dollar-Dominanz ist den Schwellenländern – allen voran China, Russland, Indien und Brasilien – ein Dorn im Auge. Sie sind daher darum bemüht, im bilateralen Handel zunehmend in eigener Währung abzurechnen. Mit dem Voranschreiten der Digitalwährungen dürfte die Umgehung des USD in Zukunft noch leichter fallen.

Die sinkende Bereitschaft der Schwellenländer, im USD-Raum zu investieren, wird auch als ein Grund für den jüngsten Renditeanstieg bei US-Treasuries gesehen. Nicht wenige unken, dass diese Entwicklung noch an Dynamik gewinnt. Aus unserer Sicht muss man jedoch keine solch grossen Geschütze auffahren, um den Renditeschub der vergangenen Wochen begreiflich zu machen. 

Die Erklärung ist viel einfacher: Aufgrund der aktuell erfreulichen Wirtschaftsent-wicklung rechnen viele Investoren auch 2024 mit robustem US-Wachstum. In der Folge sind an den Geldterminmärkten in den vergangenen Wochen Zinssenkungserwartungen ausgepreist worden – mittlerweile wird für 2024 nur noch mit einem Rückgang der Fed-Funds-Rate um 60 Bp statt um 110 Bp gerechnet. Die Markterwartungen näheren sich damit dem Szenario der Währungshüter (-50 Bp) an.

Damit die Renditen weiter ansteigen und z.B. bei 10 jährigen Laufzeiten über 5,00% anziehen, müssten die Markterwartungen noch mehr zurückgeschraubt werden – mithin die Leitzinsen 2024 unverändert bleiben. Dieser Fall dürfte jedoch nur eintreten, wenn sich das Wachstum in den kommenden Quartalen nochmals beschleunigt. Das halten wir jedoch für unrealistisch, denn die restriktiven Impulse der Geldpolitik dürften sich erst im nächsten Jahr richtig entfalten. Dann werden viele Hausbesitzer und Unternehmer ihre Kredite zu deutlich schlechteren Konditionen verlängern müssen, was nur einer unter vielen Belastungsfaktoren ist. Auch die USA steuern mithin auf einen scharfen Konjunkturabschwung zu.

Der Fed wird in Anbetracht dessen nichts anderes übrigbleiben, als die Leitzinsen 2024 kräftig zu senken. Die US-Treasury-Renditen werden somit über die nächsten zwölf Monate fallen. Auch die ausländischen Investoren dürften an den US-Anleihenmarkt zurückkehren. In weltwirtschaftlichen Krisenzeiten gibt es nach wie vor keine Alternative zum sicheren Hafen der US-Treasuries.

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