Globaler Teuerungsdruck lässt auf breiter Front nach

Die vergangene Woche lieferte zahlreiche Belege dafür, dass der weltweite Disinflationstrend in vollem Gang ist. Das augenfälligste Beispiel waren die US-Inflationsdaten. Demnach ist die Teuerungsrate im Juni kräftig von 4,0% auf 3,0% gesunken, womit sie über 6,0%-Punkte tiefer liegt als vor einem Jahr. Nicht so sehr im Rampenlicht stehen die Erzeuger-, Grosshandels- und Importpreise. Dabei fällt hier der Abwärtstrend noch viel spektakulärer aus. Zum Beispiel stürzte in China die Vorjahresrate der Erzeugerpreise seit vergangenem Oktober von 13,5% auf  5,4% ab und spiegelt damit bereits deflationäre Tendenzen wider.

Der Kostendruck, dem sich die Unternehmen weltweit gegenübersehen, hat in den vergangenen Monaten fraglos nachgelassen. Ob es sich um Rohstoffpreise, Frachtraten oder die Knappheitsprämien von Vorleistungsgütern handelt: überall ist eine Entspannung sichtbar. Gleichzeitig fällt es den Unternehmen angesichts der flauen Nachfrage immer schwerer, höhere Preise bei den Kunden durchzusetzen. Jedenfalls schrauben sie laut Umfragen ihre Absatzpreiserwartungen kontinuierlich zurück. 

Der abebbende Kostendruck und die schwindende Preissetzungsmacht der Firmen sprechen dafür, dass sich der Disinflationstrend in den nächsten Monaten fortsetzt. Wir gehen daher davon aus, dass die Teuerungsrate sowohl der Währungsunion als auch der USA Ende 2023 erkennbar unter 3,0% liegen wird.

In Anbetracht dieser Entwicklung verwundert es immer mehr, dass die Notenbanken bei der Inflationsbekämpfung weiterhin von einem zähen und langwierigen Prozess sprechen. Allein die übliche Konstruktion der Teuerungsraten – als Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr – verhindert schnellere Erfolge. Mit anderen Worten: Es dauert ein Jahr, bis unter anderem die hohen Energiepreisanstiege der Eurozone vom vergangenen Herbst aus der Statistik herausfallen. Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Disinflationstrend bereits bemerkenswert weit vorangeschritten.  

Ein Argument, weshalb sich die letzten Meter auf dem Weg zu Preisstabilität als schwierig erweisen könnten, ist der wachsende Lohndruck. In der Eurozone dürften die durchschnittlichen Tariflohnsteigerungen 2024 bei gut 4,0% liegen, was auf den ersten Blick nicht mit dem Inflationsziel von 2,0% kompatibel ist. Es gilt jedoch zu bedenken, dass die Löhne zwar ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige Kostenfaktor für die Unternehmen sind. Daneben dürfte die schwache Wirtschaftsentwicklung zu einer negativen Lohndrift führen, d.h., es wird bei Boni und Überstunden zu Kürzungen kommen. Schliesslich werden die Unternehmen nicht umhinkommen, einen Teil der zusätzlichen Kostenbelastung selbst zu tragen. Die in den vergangenen Jahren aufgebauten Gewinnmargen lassen hierfür den Spielraum. In Anbetracht dessen erwarten wir, dass 2024 kein neuer Teuerungsschub folgt, sondern sich der Abwärtstrend – wenn auch deutlich flacher – fortsetzt.  

Dass der Disinflationstrend auf gutem Weg ist, dürfte auch den Währungshütern immer stärker dämmern. Eine Leitzinspause rückt somit näher. Allerdings halten die Falken im EZB-Rat vorerst noch am Narrativ der störrisch hohen Inflation fest. Mit Blick voraus spricht jedoch viel dafür, dass die Karten neu gemischt werden und die Tauben in den nächsten Wochen die Oberhand gewinnen werden.

Rechtlicher Hinweis

Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

nach oben