Geringerer Fokus auf Leitzinssenkungen als bisher
Wie erwartet hat der Offenmarktausschuss der Fed im Rahmen seiner jüngsten Sitzung die Leitzinsbandbreite erneut unverändert bei 5,25% bis 5,50% belassen. Wenig überraschend wird in der schriftlichen Erläuterung zum Zinsentscheid neu auf die jüngsten Enttäuschungen beim Rückgang der Inflation verwiesen. Im Einklang damit fielen auch die Ausführungen von Notenbankpräsident Jerome Powell zu Beginn der Pressekonferenz zurückhaltender aus. Demnach gab er anders als noch im März nicht mehr bekannt, dass die Währungshüter Zinssenkungen im Laufe des Jahres für angemessen halten. Vielmehr wird es nach den überraschend hohen Inflationsdaten in den ersten drei Monaten des Jahres nun länger dauern, bis das Vertrauen in den Disinflationstrend zurückgewonnen ist – was eine Voraussetzung für eine Lockerung der Geldpolitik wäre.
Formal hat die Fed damit also den Easing bias gestrichen. Gänzlich kassiert haben ihn die Währungshüter dann aber doch nicht. Werden die weiteren Erläuterungen Powells im Laufe der Pressekonferenz berücksichtigt, zeigt sich eine klare Neigung zu Zinssenkungen. Erstens bezeichnete der Notenbankpräsident mögliche Zinserhöhungen explizit als unwahrscheinlich. Zweitens skizierte er im Gegenzug gleich zwei Szenarien, die für Zinssenkungen sprechen: Zum einen, wenn die nächsten Inflationsdaten wieder freundlicher ausfallen und zum anderen, wenn der Arbeitsmarkt merklich unter Druck kommen sollte. Die bisherigen Fortschritte bei der Rückführung der Inflationsrate vergrößern nämlich den Spielraum der Fed, sich wieder stärker um Vollbeschäftigung als zweitem Ziel der Geldpolitik zu kümmern. Drittens gab sich Powell ungeachtet der jüngsten Enttäuschungen bei den Inflationszahlen wenig beunruhigt. Vielmehr ließ er durchblicken, dass er eine Fortsetzung des Disinflationstrends für wahrscheinlich hält – nicht zuletzt auch deswegen, weil der Arbeitsmarkt immer mehr zu einem gesunden Gleichgewicht zurückfinde.
Alles in allem bleibt die Fed damit in unseren Augen auf Kurs zu Zinssenkungen noch in diesem Jahr, auch wenn der genaue Pfad von der Entwicklung der Daten abhängt. Sollte der Arbeitsmarkt weiter brummen und die Inflation auf dem aktuellen Niveau verharren, müsste von unverändert hohen Leitzinsen ausgegangen werden. In unseren Augen ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sowohl der Teuerungsdruck nachlässt als auch der Arbeitsmarkt im Laufe des Jahres an Schwung verliert. In diesem Falle erscheinen uns bis Ende des Jahres mindestens zwei Leitzinssenkungen um jeweils 25 Bp plausibel.
QT wird wie angekündigt verlangsamt
Im Umfeld der ausführlichen Diskussion des künftigen Leitzinspfades geriet eine weitere Entscheidung der Fed etwas in den Hintergrund. Im Protokoll zur Fed-Sitzung vom 19./20 März hatten die Währungshüter bereits angekündigt, das Tempo beim Abschmelzen der Notenbankbilanz »sehr bald« verringern zu wollen. Diesen Worten ließ die Fed nun Taten folgen. Demnach wird die Obergrenze, bis zu der fällig werdende US-Treasuries nicht mehr reinvestiert werden, ab Juni von 60 Mrd. USD auf 25 Mrd. USD pro Monat reduziert. Bei Hypothekenpapieren (MBS), von denen sich die Fed möglichst zügig trennen will, bleibt die Obergrenze bei 35 Mrd. USD pro Monat. Insgesamt kommt das faktisch einer ungefähren Halbierung des bisherigen Abschmelzens nahe. Denn bei MBS belief sich der Abbau des Bestands mangels ausreichender Fälligkeiten ohnehin nur auf rund 15 bis 20 Mrd. USD pro Monat. Zusammen mit den 60 Mrd. USD bei Treasuries hat sich die Bilanz mithin bisher um knapp 80 Mrd. USD verringert – neu werden es rund 40 Mrd. USD sein.
Die Fed will diese Maßnahme nicht als geldpolitische Lockerung verstanden wissen. Vielmehr soll die Verlangsamung beim Bilanzabbau möglichen Verwerfungen an den Finanzmärkten vorbeugen und so ermöglichen, dass die Bilanz so weit wie möglich zurückgefahren werden kann.