Europäische Aktienmärkte bewegen sich auf dünnem Eis

Die europäischen Aktienmärkte zeigen sich nach wie vor in guter Verfassung. Seit Mai bewegen sie sich zwar lediglich seitwärts – der Eurostoxx50 bei rund 4.300 Punkten und der DAX bei knapp 16.000 Punkten. Damit gelang es aber immerhin, das kräftige Plus von rund 15% aus den ersten vier Monaten des Jahres zu verteidigen.

Diese Stabilität ist zusehends erstaunlich, hat sich der Konjunkturausblick für die Eurozone in den vergangenen Monaten doch stark eingetrübt. So verzeichneten die Stimmungsindikatoren seit April reihenweise Einbrüche. An vorderster Front gilt dies für die Einkaufsmanagerindikatoren, die inzwischen auf spürbare BIP-Rückgänge in zahlreichen Euroländern hinweisen. Darüber hinaus befinden sich aber auch die nationalen Geschäftsklimaindikatoren im Sinkflug. Selbst das Verbrauchervertrauen, das eigentlich von den rückläufigen Inflationsraten gestützt wurde, musste im August einen Rückschlag hinnehmen und verharrt damit auf tiefem Niveau.

Die Investoren an den Aktienmärkten lässt das bislang alles erstaunlich kalt. Die meisten von ihnen rechnen offenbar mit einer kurzweiligen und »schmerzlosen« Rezession, durch die man problemlos hindurchschauen kann. In der Tat geht der Konsensus bereits 2024 wieder von einer spürbaren konjunkturellen Belebung aus. 

Das sehen wir indes völlig anders. Aus unserer Sicht beginnen die restriktiven Impulse der Geldpolitik gerade erst ihre negative Wirkung zu entfalten. Anders als bei der amerikanischen Konkurrenz nimmt die Zinsbelastung bei den europäischen Unternehmen gemäss Zahlen von Eurostat bereits seit Mitte 2022 dynamisch zu. Das Ende der Fahnenstange dürfte aber noch lange nicht erreicht sein. Vielmehr werden die Zinskosten mit dem Auslaufen alter Kreditverträge in den nächsten Monaten kräftig weiter steigen und somit auf die Gewinnmargen drücken. 

Damit aber nicht genug. Weltweit versuchen die Notenbanken die Nachfrage zu dämpfen, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Der für die europäische Wirtschaft so wichtige Export lahmt daher massiv. Im Ergebnis geraten die Unternehmen gleich von mehreren Seiten unter Druck. Sie werden entsprechend nicht umhinkommen, ihre Investitionsbudgets zu kürzen.

Sobald Kapazitäten abgebaut werden, führt kein Weg an Entlassungen vorbei, selbst wenn die Unternehmen diesen Schritt aufgrund des Fachkräftemangels so lange wie möglich hinauszögern wollen. Anders als es derzeit viele vermuten, wird der Abschwung somit auch am Arbeitsmarkt nicht spurlos vorbeigehen. In Deutschland gibt es bereits unübersehbare Anzeichen für eine Eintrübung. Während die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl zuletzt um rund 150 Tsd. über dem Vorjahresniveau lag, unterschritt die Zahl der offenen Stellen den Vorjahresstand um gut 100 Tsd. 

Alles in allem werden die meisten Investoren zunächst ihren zuversichtlichen Konjunkturausblick nach unten anpassen müssen. Im zweiten Schritt kommen sie nicht umhin, auch die Schätzungen zu den Unternehmensgewinnen zu stutzen. Wir gehen daher davon aus, dass der DAX das Jahr 2023 nicht auf neuen Rekordständen beendet, sondern noch deutlich Federn lassen muss. Staatsanleihen werden hingegen in ihrer Eigenschaft als sicherer Hafen von der wirtschaftlichen Unsicherheit profitieren.  

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