Das Verhältnis zwischen China sowie den USA und deren Verbündeten bleibt trotz der jüngsten Besuchsdiplomatie angespannt. Das Reich der Mitte hat in der vergangenen Woche zusätzliches Öl ins Feuer gegossen: Chinesische Unternehmen benötigen ab 1. August beim Export von Gallium und Germanium eine Ausfuhrlizenz. Für diese wichtigen Halbleitermaterialien ist China der wichtigste Produzent. Bei beiden Rohstoffen ist nunmehr zumindest mit Preissteigerungen, unter Umständen sogar mit temporären weltweiten Versorgungsengpässen zu rechnen.
Peking reagiert damit auf US-Exportbeschränkungen, die seit vergangenem Herbst die Ausfuhr von Hochleistungschips sowie Maschinen zu deren Herstellung nach China erschweren bzw. teilweise sogar verbieten. Einzelne chinesische Firmen dürfen gar nicht mehr mit Chips beliefert werden. Ziel ist es, China im Hochtechnologiesektor – und hier speziell in der Rüstungsindustrie – auf Distanz zu halten.
US-Finanzministerin Janet Yellen versuchte in der vergangenen Woche die Wogen im Rahmen ihres Staatsbesuchs in China zu glätten. Sie wies darauf hin, dass ein komplettes »Decoupling« der zwei grössten Volkswirtschaften der Welt weder wünschenswert noch durchführbar sei. Die USA wollten nur in ganz eng definierten Bereichen ihre Sicherheitsinteressen schützen.
China leidet indes schon unter den Einfuhrbeschränkungen. Zahlreiche Chiphersteller klagen über einen Mangel an Ersatzteilen für ihre Maschinen. In der Folge musste die Produktion bereits zurückgefahren werden. Bis China eine komplette Wertschöpfungskette bei Hochleistungschips aufgebaut hat, dürften noch einige Jahre ins Land ziehen. Auf den ersten Blick scheint somit das Vorgehen der USA bereits Früchte zu Tragen.
Jedoch gibt es auch aufseiten der USA Verlierer. Chipkonzerne wie Nvidia und AMD büssen durch das Exportverbot nach China einen wichtigen Absatzmarkt ein. Ausserdem ist nicht auszuschliessen, dass die Situation weiter eskaliert. So könnte China seine Monopolstellung im Bereich der seltenen Erden ausnutzen, um hier einen globalen Lieferstopp zu verfügen.
Unabhängig vom weiteren Verlauf des Handelsstreits zeichnet sich ab, dass in der Chipindustrie Doppelstrukturen entstehen. China und der Westen werden jeweils ihre eigenen Chipfabriken aufbauen. Solche Parallelwelten sind in vielerlei Hinsichten negativ zu bewerten. Sie erhöhen das Risiko von Fehlallokationen und verteuern die Produktion, da auf einen Technologie-Austausch und die jeweiligen komparativen Kostenvorteile verzichtet wird. Hinzu kommt, dass in anderen Bereichen – z.B. E-Mobilität – zwar nicht mit Exportbeschränkungen gearbeitet wird, stattdessen aber ein Subventionswettlauf stattfindet, der ebenfalls unnötig Ressourcen verschlingt.
Ob man es nun als »Derisking« oder »Decoupling« bezeichnet, das Auseinanderdriften von China und dem Rest der Welt stellt eine Zäsur dar. Jahrelang haben beide Seiten von der engen Handelsverflechtung profitiert. Man denke nur an die deutsche Autoindustrie. Die Konfrontation zwischen den beiden Blöcken belastet die Wachstumsperspektiven und erhöht die Gefahr von geopolitischen Schocks. Für die Investoren an den Finanzmärkten ist dies ein weiterer Grund, in den kommenden Jahren die Ertragserwartungen an den Aktienmärkten generell zurückzuschrauben und vermehrt mit Rücksetzern zu rechnen.