Aktien versus Anleihen: Der Wind sollte bald drehen

In gewisser Weise haben sich die Verhältnisse an den Finanzmärkten 2023 gegenüber 2022 umgedreht. Während im vergangenen Jahr die wichtigsten Assetklassen – Aktien und Anleihen – unter die Räder kamen, weisen sie dieses Jahr jeweils eine positive Performance auf. Allerdings liegen Aktien weit in Führung. DAX, Eurostoxx50 und S&P500 verbuchten im bisherigen Jahresverlauf Zuwächse zwischen 18% und 21%. Bei Unternehmensanleihen sind es gerade einmal 3% und bei Staatsanleihen sogar nur 1%. 

Wie lässt sich diese Konstellation erklären? Die rückläufige Inflation kam allen Assetklassen 2023 zugute. Sie veranlasste die Notenbanken den Straffungszyklus zu verlangsamen. In der Folge sind die Renditen nicht weiter angestiegen, sondern haben sich im Grossen und Ganzen seitwärts bewegt.

Was das Pendel stark zugunsten der Aktienmärkte ausschlagen liess, waren die Konjunkturdaten. Ende 2022 war die Angst vor der Rezession weit verbreitet. Diese trat aber bislang nicht ein. In den USA wuchs die Wirtschaft im 1. Halbjahr sogar mit gut 2%, was für ein grosses Aufatmen und über weite Strecken des Jahres ein Risk-on-Sentiment sorgte. Allerdings ist bei Weitem nicht alles in Butter. In der Eurozone verläuft die Konjunktur schleppend – im 2. Halbjahr 2023 droht hier doch die Rezession. Daneben schwächelt China und konnte die grossen Hoffnungen vom Jahresbeginn nicht erfüllen. 

Schliesslich ist auch in den USA nicht alles Gold was glänzt. Die Gewinndynamik bei den Unternehmen hat nachgelassen. Gemäss den aktuellen Schätzungen werden die Unternehmensgewinne 2023 gegenüber 2022 nur stagnieren. Der Kursanstieg an den Börsen von rund 20% erklärt sich damit allein aus erhöhten Bewertungsniveaus, d.h., das KGV (auf Basis erwarteter Gewinne) hat beim S&P500 von durchschnittlich 17 auf 21 angezogen.

Damit die Hausse an den Aktienmärkten anhält, müssen daher zwei Bedingungen erfüllt sein: Zum einen sollte die Weltwirtschaft unverändert robust expandieren und zum anderen die Inflation ihren Abwärtstrend beibehalten. In diesem Umfeld würden sich die Renditen vermutlich weiter seitwärts bewegen, während Aktien – dank wieder anziehender Unternehmensgewinne – ihren Höhenflug fortsetzen könnten. 

Wir halten dieses Szenario jedoch für unwahrscheinlich. Wenn die Wirtschaft weiter ordentlich wächst, wird sich das Lohnwachstum nicht abschwächen. Gleichzeitig dürften die Rohstoffpreise wieder anziehen. Im Ergebnis wird die Teuerung hoch bleiben. In diesem Fall werden die Notenbanken die Leitzinsen nochmals anheben, die Renditen ansteigen, was für Aktien kein rundum gutes Umfeld, sondern die Rückkehr ins Jahr 2022 bedeuten würde.

Aus unserer Sicht ist jedoch weder ein solch inflationärer Boom noch ein Goldilocks-Umfeld das wahrscheinlichste Szenario. Stattdessen dürften die belastenden Effekte der gestiegenen Zinsen noch zum Tragen kommen. Mithin wird sich die Weltwirtschaft weiter abkühlen und in der Folge sollten die Rezessionsgefahren zurückkehren. Die Gewinnschätzungen der Analysten müssten dann nach unten korrigiert werden. Ausserdem dürfte der Risikoappetit der Investoren abnehmen. Aktien sollten daher unter Druck geraten. Für Anleihen – speziell Staatsanleihen – ist ein disinflationärer Abschwung hingegen ein optimales Umfeld. Aus unserer Sicht spricht daher viel dafür, in den nächsten Monaten Staatsanleihen gegenüber Aktien überzugewichten.

Rechtlicher Hinweis

Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

nach oben