Kommentar
13. März 2023

SVB-Kollaps stellt Zinspolitik auf den Prüfstand

Die USA müssen aktuell die grösste Bankenpleite seit der Finanzkrise verdauen – die Silicon Valley Bank war mit einer Bilanzsumme von über 200 Mrd. USD immerhin die Nummer 16 unter den Finanzinstituten. Zudem sind mit Silvergate und Signature zwei weitere Banken in kürzester Zeit kollabiert. Dennoch waren sich die meisten Beobachter schnell darin einig, dass dies nicht den Auftakt für eine Bankenkrise darstelle. Die Geschäftsmodelle der drei Banken seien einseitig auf die Start-up- bzw. Krypto-Branche konzentriert. Es seien mithin Einzelfälle. 

Die Finanzaufsichtsbehörden haben ausserdem schnell eingegriffen, um einen allgemeinen Bank Run bei den Regionalbanken zu verhindern. Die Anleger von SVB und Signature sollen kompletten Zugriff auf ihre Einlagen erhalten. Ausserdem wird eine neue Kreditfazilität der Fed aufgelegt (BTFP), die kleineren Banken leichteren Zugang zur Notenbankliquidität verschafft. Mit diesen Massnahmen ist es den Aufsichtsbehörden in einem ersten Schritt gelungen, die Situation zu beruhigen. Haben wir es also nur mit einem kleinen Unfall zu tun? Aus unserer Sicht hat die SVB-Pleite zumindest eines deutlich gemacht: Die aggressiven Leitzinsanhebungen der Fed sind an einem toten Punkt angelangt. 

So haben sich die zuletzt von den Notenbanken angekündigten weiteren geldpolitischen Straffungen an den Anleihenmärkten nur noch am kurzen Ende niedergeschlagen. In der vergangenen Woche schnellten etwa die Renditen 2-jähriger Staatsanleihen in den USA auf über 5,00% und in Deutschland auf knapp 3,40%. Das lange Ende hat sich hingegen kaum bewegt, d.h., die Investoren glauben nicht daran, dass das hohe Leitzinsniveau für lange Zeit beibehalten werden kann. Die Folge daraus ist eine immer stärkere Inversion der Zinskurve.

Für die Banken ist eine solche Konstellation in vielerlei Hinsicht ungünstig. Ihr Geschäftsmodell beruht darauf, kurzfristige Gelder (Einlagen) in langfristige Kredite zu transferieren. Unter normalen Umständen ergibt sich daraus eine profitable Zinsmarge, die jedoch bei einer inversen Zinskurve versiegt.  

In Europa versuchen die Banken aktuell, die Erosion der Zinsmarge dadurch einzudämmen, dass die Kunden weiterhin mit sehr tiefen Einlagenzinsen abgespeist werden. Dies dürfte jedoch nicht mehr lange gutgehen. Immer mehr Anleger werden ihre Gelder in lukrativere kurzfristige Anleihen umschichten. Um dem Schicksal vom SBV zu entgehen, werden die Banken somit nicht umhinkommen, die Spar- und Tagesgeldkonten höher zu verzinsen.  

Gleichzeitig dürfte es schwerfallen, diesen Kostendruck auf der Aktivseite weiterzugeben. Zum einen weil die meisten Kredite nicht variabel verzinst sind, sondern längere Laufzeiten aufweisen. Zum anderen ist das Neugeschäft derzeit rückläufig. Dies gilt allen voran für Hypothekenkredite. Aber auch bei den Investitionsdarlehen halten sich die Kreditnehmer zurück.  

Schliesslich droht eine weitere Gefahr. Behalten wir Recht, wird sich das konjunkturelle Umfeld sowohl in den USA als auch der Eurozone in diesem Jahr stark eintrüben. In der Folge dürften die Qualität des Kreditbuchs leiden und die Kreditausfälle zunehmen. Alles in allem ziehen somit über dem Bankensektor in vielerlei Hinsicht dunkle Wolken auf.

Dieser Umstand sollte auch den Notenbanken bewusst sein. Damit besteht ein weiterer Grund, um in der künftigen Zinspolitik Vorsicht walten zu lassen. Es spricht mithin viel dafür, dass der Leitzinsgipfel in diesem Jahr schneller erreicht ist, als es viele denken. Das gleiche gilt entsprechend für die Renditen von Staatsanleihen, die ihren Hochpunkt gesehen haben dürften. 

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