
Strategiewechsel der Fed könnte ein fataler Fehler gewesen sein
Im Sommer 2020 hatte Jerome Powell die neue geldpolitische Strategie der Fed vorgestellt. Basierend auf den Erfahrungen der vorangegangenen Jahre nahm die Notenbank damals vom bis dahin üblichen Vorgehen Abstand, eine niedrige Arbeitslosigkeit als Vorbote einer anziehenden Inflation zu werten. Vielmehr wollte man von da an nach Phasen mit zu niedriger Teuerung eine Zeitlang Inflationsraten über 2% tolerieren. Eine lockere Geldpolitik solle mithin dazu beitragen, dass so viele Menschen wie irgend möglich einen Job finden.
Aus heutiger Sicht kam dieser Schwenk zur Unzeit. Powell wehrte sich im Rahmen der Pressekonferenz nach der Zinsanhebung in der vergangenen Woche zwar gegen den Vorwurf, das neue geldpolitische Rahmenwerk hätte die Fed zu lange abwarten lassen. Am Schluss seiner Ausführungen räumte aber auch er ein, im Nachhinein wisse man nun, dass die Leitzinsen früher hätten angehoben werden sollen.
Darüber hinaus war seinen Äusserungen zu entnehmen, dass die Fed die Inflationsgefahren jetzt sehr ernst nimmt. Vor allem sind sich die Währungshüter offensichtlich des Risikos einer Lohn-Preis-Spirale bewusst. Das Urteil ist hier eindeutig. Powell wiederholte mehrfach, dass aktuelle Lohnwachstum sei nicht mit dem 2%-Inflationsziel vereinbar. Und über die Ursache ist man sich auch einig. Es sind nicht bloss Sondereffekte am Werk, sondern ganz grundsätzlich übersteigt die Nachfrage nach Arbeitskräften das Angebot.
Hier will die Geldpolitik ansetzen. Im ersten Schritt sollen zur Dämpfung der Nachfrage die Leitzinsen laut Powell »so schnell wie möglich« in Richtung des neutralen Niveaus erhöht werden, das der Median der Offenmarktausschussmitglieder auf knapp 2,50% veranschlagt. Anschliessend werde man weiter in den restriktiven Bereich vordringen. Der Fed-Präsident verwies dabei auch auf die vom Median implizit unterstellten sechs 25-Bp-Schritte bei jedem der folgenden FOMC-Sitzungen in diesem Jahr und fügte an, die Notenbank werde im Falle negativ überraschender Teuerungsdaten nicht vor umfangreicheren Anhebungen zurückschrecken.
In unseren Augen spricht vieles für solche schmerzhaften Überraschungen vonseiten der Inflation. Unabhängig von den kriegsbedingten Preisschüben deutet sowohl bei den Löhnen als auch den Mieten als wichtigen Preistreibern alles darauf hin, dass der zugrundeliegende Teuerungsdruck in den kommenden Quartalen noch grösser wird. Das Herausfallen belastender Basiseffekte wird die Inflationsraten zwar ab dem Frühjahr sinken lassen. Dieser Rückgang dürfte aber langsamer vonstattengehen als von vielen erhofft. Entsprechend wird die Fed in unseren Augen nicht umhinkommen, bei den kommenden Sitzungen in diesem Jahr mehrere Male die Fed-Funds-Rate um 50 Bp zu erhöhen. Letztlich führt kein Weg daran vorbei, die Leitzinsen zügig über das neutrale Niveau hinaus anzuheben.
Aus dieser Einschätzung folgt zum einen, dass die Geldterminmärkte – die dieses Szenario noch nicht komplett eingepreist haben – nach wie vor Korrekturpotenzial besitzen. Entsprechend sehen wir auch bei den Treasury-Renditen weiterhin Luft nach oben.
Zum anderen trübt sich der wirtschaftliche Ausblick für das kommende Jahr ein. Es besteht das ernstzunehmende Risiko, dass die in Gang kommende Lohn-Preis-Spirale nur durch ein sehr starkes Einbremsen der Wirtschaft – sprich eine Rezession – durchbrochen werden kann. Die mit dem Strategiewechsel 2020 vollzogene Abkehr von einer vorausschauend agierenden Geldpolitik könnte sich dann als fataler Fehler erwiesen haben.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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