
Rezession in der Eurozone noch nicht vom Tisch
Gemäss der vorläufigen Schätzung des Europäischen Statistikamts Eurostat wuchs die Wirtschaftsleistung in der Eurozone im 4. Quartal 2022 um 0,1% gegenüber dem Vorquartal. Dieses Ergebnis wurde allgemein mit Erleichterung aufgenommen, da das Abrutschen der Währungsunion in eine Rezession, die landläufig als BIP-Rückgang in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen definiert wird, nun nur noch als gering angesehen wird. Stattdessen herrscht die Meinung vor, dass die Wirtschaft nach der Abkühlung im Winterhalbjahr 2022/2023 rasch wieder Fahrt aufnimmt. Wir sind hiervon jedoch nicht überzeugt.
So sei zunächst darauf hingewiesen, dass der minimale BIP-Anstieg zwischen Oktober und Dezember 2022 nicht zuletzt auf das kräftige Wachstum der Wirtschaftsleistung in Irland zurückgeht. Beim dort vermeldeten Plus von 3,5% gegenüber dem Vorquartal dürfte es sich jedoch weniger um eine »echte« Zunahme der Wirtschaftsleistung handeln, sondern um das Ergebnis buchhalterischer Bilanzspielereien diverser globaler Konzerne.
Davon abgesehen hat sich die seit Mitte vergangenen Jahres zu beobachtende Konjunkturabkühlung in der Eurozone zum Jahresende hin verstärkt. So hat beispielsweise der seit Ende 2021 bestehende Abwärtstrend bei den Einzelhandelsumsätzen im Dezember mit einem Rückgang gegenüber dem Vormonat um 2,7% spürbar an Dynamik gewonnen. Diese Schwäche spiegelt sich auch in den privaten Konsumausgaben wider, die unseren Berechnungen zufolge im 4. Quartal 2022 um etwa 1,0% geschrumpft sind.
Im verarbeitenden Gewerbe verlief die Entwicklung im Dezember ähnlich ungünstig. Der Output ist um etwa 1,0% gegenüber November geschrumpft. Für das Schlussquartal zeichnet sich damit ein Rückgang um 0,4% ab.
Die konjunkturelle Schwäche ist mithin unübersehbar. Zugleich schätzen wir die Perspektiven kurz- und mittelfristig ungünstig ein. Wir bezweifeln beispielsweise, dass die privaten Haushalte rasch fähig und willens sind, ihre realen Konsumausgaben zu erhöhen. Der starke Rückgang des real verfügbaren Einkommens spricht ebenso dagegen wie das Verbrauchervertrauen, das sich trotz mehrerer Anstiege in Folge noch immer nahe den Vor-Pandemie-Tiefstwerten bewegt. Zudem schränken die stark gestiegenen Zinsen den Bewegungsspielraum einer wachsenden Zahl von Konsumenten ein.
Die Industrie leidet unter der globalen Abschwächung der Nachfrage, abzulesen unter anderem am stark rückläufigen deutschen Auftragseingang. Angesichts der beispiellosen weltweiten geldpolitischen Straffung sehen wir keine baldige Wende zum Besseren. Insbesondere die von uns prognostizierte Rezession in den USA sollte sich negativ bemerkbar machen. Demgegenüber erwarten wir von der durch die Corona-Nachholeffekte angestossenen Belebung in China keine allzu grossen positiven Konjunkturimpulse für die Eurozone.
In unseren Augen spricht somit vieles dafür, dass die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone schwach bleibt. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass das BIP im 1. Halbjahr erkennbar schrumpft. Auch im Gesamtjahr wird unserer Einschätzung nach ein BIP-Rückgang zu Buche stehen. Die Währungsunion durchläuft mithin eine Rezession – ungeachtet der Erfüllung landläufig angewendeter mehr oder weniger sinnvoller Kriterien. Entsprechend sollte auch die Euphorie an den Finanzmärkten über die aktuelle Konjunkturentwicklung bald wieder Ernüchterung weichen.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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