
Italien: Politische Unruhen versus wirtschaftlicher Erfolg
Am kommenden Montag beginnt die italienische Präsidentschaftswahl – und das Rennen ist völlig offen. Als wichtigste Protagonisten werden in den Medien Mario Draghi und Silvio Berlusconi genannt. Es gibt aber noch andere prominente Kandidaten wie die frühere Verfassungsgerichtspräsidentin und heutige Justizministerin Marta Cartabia und den EU-Kommissar Paolo Gentiloni.
Der Urnengang ist komplex. Die Wahlversammlung wird gebildet aus Mitgliedern des Abgeordnetenhauses, des Senats und Vertretern der Regionen – zusammen über 1.000 Stimmberechtigte. Um gewählt zu werden, benötigt eine Person in den ersten drei Runden zwei Drittel der Stimmen, was schwierig zu erreichen ist. Der Prozess vollzieht sich daher meist über mehrere Tage.
Ob Mario Draghi überhaupt in den Quirinalspalast einziehen will, ist nach wie vor unklar. Es liegt weder ein handfestes Dementi noch eine eindeutige Zusage von ihm vor. Würde Draghi zum Staatspräsidenten gewählt, hätte dies einerseits den Vorteil, dass er noch für sieben Jahre der italienischen Politik an wichtiger Stelle zur Verfügung stünde. Das Staatsoberhaupt ist in Italien kein reiner Zeremonienmeister, sondern schlägt immerhin den Ministerpräsidenten vor und kann das Parlament auflösen.
Andererseits würde er als Regierungschef fehlen. In dieser Rolle hat er in den vergangenen zwölf Monaten zu politischer Stabilität beigetragen und wichtige Reformprozesse in Gang gesetzt. Italien hat damit an den Finanzmärkten Vertrauen zurückgewonnen. Es ist fraglich, ob eine Person mit vergleichbarer Reputation gefunden werden kann, welche die aktuelle Regierung der »nationalen Einheit« fortführt. Nicht auszuschliessen sind daher sogar Neuwahlen. Diese könnte für »unangenehme« Mehrheiten sorgen. Die rechten Parteien, die als weniger europafreundlich gelten, führen derzeit in den Umfragen.
Die Finanzmärkte würden es daher begrüssen, wenn Draghi Ministerpräsident bliebe und eine andere honorable Person – z.B. Marta Cartabia – in den Quirinalspalast einzieht. Würde Berlusconi als Staatspräsident gewählt, wäre dies wiederum kein gutes Zeichen und könnte ebenfalls Verwerfungen an den Märkten nach sich ziehen.
Aller Voraussicht nach stehen Italien somit politisch unruhige Zeiten bevor. Damit einher dürfte eine höhere Volatilität bei den Spreads italienischer Staatsanleihen gehen. Kurzfristig ist hier eine Ausweitung nicht auszuschliessen.
Politische Börsen haben aber bekanntlich kurze Beine. Ist der erste Rauch verflogen bzw. findet sich am Ende doch eine tragbare Lösung, werden auch wieder die positiven Seiten Italiens sichtbar werden. Anders als nach der Finanzkrise startet das Land nicht aus einer Position der Schwäche heraus. Vielmehr hat sich die italienische Wirtschaft dynamisch aus der Rezession befreit. Hinzu kommt, dass dem Land in den nächsten Jahren aus dem EU-Wiederaufbaufonds knapp 200 Mrd. EUR (> 10% des BIP) zufliessen werden.
Die italienische Wirtschaft sollte daher 2022/2023 vergleichsweise kräftig expandieren. Mithin wird das nominale Wachstum mit 4% bis 5% deutlich über der durchschnittlichen Rendite für italienische Staatsanleihen liegen. Das sind optimale Bedingungen, um beim Abbau der hohen Staatsverschuldung voranzukommen. Alles in allem dürften italienische Staatsanleihen somit nach einer temporären Phase politischer Irrungen und Wirrungen im Laufe des Jahres wieder spürbar an Attraktivität gewinnen.
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Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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