
Als im vergangenen Jahr erste Sorgen aufkamen, die Inflation könnte in diesem Jahr deutlich anziehen, waren sowohl Fed als auch EZB schnell bei der Hand, solche Überlegungen kleinzureden: Der Anstieg der Inflationsrate werde nur gering ausfallen, er gehe in erster Linie auf Sondereffekte zurück und sei keinesfalls nachhaltig. Noch im Dezember 2020 prognostizierte die EZB für das laufende Jahr eine Teuerungsrate von lediglich 1,1%. Die Fed traute ihrem bevorzugten Inflationsmass, dem Deflator der privaten Konsumausgaben (PCE), bis Ende 2021 nur einen Anstieg auf 1,8% zu.
Wie sich nun herausstellt, war beides eine Fehleinschätzung. Tatsächlich dürfte die Inflationsrate in der Eurozone in diesem Jahr bei etwa 2,0% liegen. Der PCE Deflator in den USA wird im 4. Quartal aller Voraussicht nach 2,7% erreichen. Sowohl EZB als auch Fed haben ihre Prognose im März zwar bereits spürbar nach oben angepasst. Beide Notenbanken werden aber um eine weitere Aufwärtsrevision im Juni nicht umhinkommen. Mithin wächst die Gefahr, dass sie der Inflation hinterherlaufen.
Inzwischen bekommt auch das zweite Narrativ der Währungshüter erhebliche Risse: Der Inflationsschub sei im Wesentlichen das Ergebnis von Basiseffekten infolge der gestiegenen Energiepreise. Der Preisschub beschränkt sich jedoch schon lange nicht mehr allein auf die Energiepreise: Die massiv gestiegene Nachfrage aus China, den USA und der Eurozone hat inzwischen die Preise nahezu sämtlicher Rohstoffe in die Höhe katapultiert. Hinzu kommen explodierende Frachtkosten.
Ein baldiges Abebben dieses Preisdrucks ist nicht in Sicht, wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Unternehmen die höheren Kosten auf die Verbraucherpreise überwälzen. Anhaltspunkte für solche Zweitrundeneffekte finden sich zunehmend in den einschlägigen Unternehmensumfragen.
Viele Unternehmen nutzen darüber hinaus die Wiederöffnung der konsumnahen Dienstleistungsbranchen für kräftige Preisanhebungen. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Sprung der US-Kerninflationsrate im April auf 3,0% − den höchsten Wert seit Ende 1995. In der Eurozone dürfte es im Zuge der anstehenden Lockerungen zu einer ähnlichen Entwicklung kommen.
Da es in den USA inzwischen auch erste Anzeichen für steigenden Lohndruck gibt, wirken die Währungshüter zunehmend als Rufer in der Wüste. Entsprechend wächst an den Finanzmärkten die Skepsis angesichts einer Geldpolitik, die den Fuss trotz dieser Gemengelage nicht einmal ein bisschen vom Gas nehmen möchte: Die Inflationserwartungen steigen seit Monaten spürbar.
Der Druck auf die Fed und die EZB, zumindest ihre Anleihenkaufprogramme zu überdenken, wächst. Auf der jeweiligen Sitzung im Juni dürfte das Thema ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Aus den Reihen der EZB mehrten sich zuletzt die Stimmen derjenigen, die laut über eine Reduktion der Wertpapierkäufe ab dem Sommer nachdenken. Das prominenteste Beispiel ist EZB-Vizepräsident Luis de Guindos.
Angesichts der sich abzeichnenden kräftigen Konjunkturerholung im 2. Halbjahr sowie steigender Inflationsraten erscheint eine zeitnahe Reduktion der Anleihenkäufe von Fed und EZB mehr als angebracht. Allein die sich intensivierende Diskussion hierüber dürfte in den nächsten Monaten den Weg für weiter steigende Renditen von US-Treasuries und Bundesanleihen ebnen.
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Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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