Kommentar
17. Oktober 2022

Gleichlauf von Aktien und Staatsanleihen dürfte bald enden

Das laufende Jahr ist dadurch gekennzeichnet, dass Aktien und Staatsanleihen, die normalerweise negativ korreliert sind, einen parallelen Abwärtstrend aufweisen. Während der DAX etwa im bisherigen Jahresverlauf 22% verloren hat, stehen deutsche Bundesanleihen mit 17% im Minus. Ähnlich sieht es beim S&P500 (-24%) und US-Treasuries aus (-14%). 

Verantwortlich für das gemeinsame Blutbad der beiden wichtigsten Assetklassen sind die Notenbanken. Sie haben die Inflationsrisiken zunächst unterschätzt und müssen jetzt kräftig gegensteuern. Zur Rückgewinnung ihrer Glaubwürdigkeit bleibt den Währungshütern nichts anderes übrig, als in einen Abschwung hinein kräftig die Leitzinsen anzuheben – auch auf die Gefahr hin, damit eine Rezession zu provozieren. 

Für Aktien ist diese Entwicklung aus zwei Gründen nachteilig. Zum einen sind steigende Zinsen ein struktureller Belastungsfaktor. Aktien verlieren dadurch an relativer Attraktivität gegenüber Anleihen und die künftigen Gewinne werden mit einem höheren Faktor abdiskontiert. Hinzu kommt zum anderen der zyklische Gegenwind. Die Rezessionsgefahren wirken sich negativ auf die Gewinnperspektiven aus und dämpfen den Risikoappetit. 

Dass Staatsanleihen unter Druck stehen, scheint ohnehin auf der Hand zu liegen. Die aktuellen Renditen spiegeln die künftig erwarteten Leitzinsen wider. Wenn Letztere steigen, fallen die Kurse und drücken damit die Renditen nach oben. Auffallend ist jedoch, dass die Leitzinserwartungen zuletzt immer weiter aufwärts marschiert sind. Wurde in der Eurozone für Ende 2023 bis vor Kurzem noch ein Leitzinsniveau von lediglich 1,50% erwartet, sind es jetzt über 3,00%. Viele Investoren sind überzeugt davon, dass die Notenbanken nur so dem Inflationsproblem Herr werden. 

Mit Blick voraus stellen sich nunmehr zwei Fragen: Erstens: Wann erreichen die Leitzinserwartungen und damit die Renditen ihren Zenit? Zweitens: Hält der Gleichlauf zwischen Anleihen und Aktien auch bei veränderten Rahmenbedingungen an?

Was die erste Frage anbetrifft, gehen wir davon aus, dass der Renditehochpunkt in Reichweite liegt. Aus unserer Sicht werden die globalen Rezessionsrisiken derzeit unterschätzt. Wir rechnen sowohl in Europa als auch in den USA mit einem namhaften Wirtschaftseinbruch, der um den Jahreswechsel 2022/2023 klar zu Tage treten dürfte. Die Notenbanken werden in einem solchen Umfeld kein zusätzliches Öl ins Feuer giessen. Ab Ende 2022 sollten die Renditen daher auf einen Abwärtstrend einschwenken.  

Für Aktien folgt daraus, dass der strukturelle Gegenwind steigender Zinsen nachlässt. Im Gegenzug werden jedoch die zyklischen Belastungsfaktoren immer stärker. In einer Rezession lässt der Risikoappetit der Investoren weiter nach. Gleichzeitig werden die Unternehmensgewinne schrumpfen, was derzeit noch nicht ansatzweise eingepreist ist.

Alles in allem deutet sich in den kommenden Wochen ein markanter Wechsel des Umfelds an. Die Rezessionsrisiken werden immer stärker in den Vordergrund rücken, womit der Gleichlauf der Assetklassen endet. Während Staatsanleihen als Fluchtburg ein Comeback feiern, wird die Durstrecke der Risikoassets wie Aktien bis weit in das kommende Jahr hinein anhalten.  

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