
Geldpolitische Lags nicht unterschätzen
Während in der Eurozone eine Rezession als Folge des massiven Energiepreisschocks als ausgemachte Sache gilt, gehen die Einschätzungen mit Blick auf die USA auseinander. Nach wie vor halten einige Beobachter ein Soft Landing für möglich. Die jüngsten Aktivitätsdaten für Oktober scheinen diese gelassene Sicht zu stützen, deuten sie doch darauf hin, dass die US-Wirtschaft auch im Schlussquartal dieses Jahres wachsen wird.
Vor allem der private Konsum und die Unternehmensinvestitionen präsentieren sich aktuell noch in einer robusten Verfassung und auch der Arbeitsmarkt lässt nur wenige Anzeichen einer Abschwächung erkennen. Diese vermeintliche Stabilität darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bereits eine konjunkturelle Abwärtsspirale in Gang gesetzt wurde.
Anders als zum Beispiel zu Zeiten der beginnenden Corona-Pandemie sorgt nämlich nicht ein exogenes Ereignis für plötzlichen konjunkturellen Gegenwind. Vielmehr gehen in den USA von den geldpolitischen Straffungen und der Kostenexplosion im Zuge des Post-Corona-Booms die entscheidenden Belastungen aus. Ganz zentral ist dabei der Zinsschock der Fed, der die heiss-gelaufene Wirtschaft und die überbordenden Inflationskräfte einbremsen soll.
Selbstredend ist allen Beobachtern bewusst, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage durch die Leitzinserhöhungen erst mit zeitlicher Verzögerung gedämpft wird. Dass diese Lags jedoch üblicherweise mehrere Quartale betragen, scheint für viele offensichtlich nur schwer vorstellbar. Möglicherweise deswegen, weil Beispiele für solche Entwicklungen sehr weit zurückliegen. Zuletzt war die Fed in den 1980er Jahren gezwungen, die Leitzinsen zur Inflationsbekämpfung ähnlich aggressiv anzuheben wie derzeit.
Unsere weit vorauslaufenden Frühindikatoren lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass sich etwas Bedrohliches zusammengebraut hat. Sie zeichnen basierend auf den Entwicklungen der Vergangenheit einhellig vor, dass der Konjunkturtrend bis zum Ende des kommenden Jahres abwärts gerichtet bleibt. Für den ISM-Einkaufsmanagerindex ist demnach auf Sicht der kommenden vier Quartale mit einem Rückgang in Richtung 40 Punkte zu rechnen, womit das prominenteste US-Konjunkturbarometer tief in den Rezessionsbereich abtauchen würde. Hinzu kommt, dass die Unternehmensgewinne angesichts der massiv gestiegenen Zins-, Rohstoff- und Lohnkosten 2023 mit zweistelligen Raten gegenüber dem Vorjahr sinken dürften. Wir sehen daher bereits seit geraumer Zeit eine Rezession in den USA für unausweichlich an. Die Aussicht auf ein nochmals steigendes BIP in Q4 verdeutlicht somit allenfalls die Schwierigkeiten bei der genauen zeitlichen Terminierung des Abschwungs – der trübe Ausblick kann dadurch jedoch nicht entkräftet werden.
Interessanterweise sind inzwischen auch von der US-Notenbank vorsichtigere Töne zu vernehmen, wonach sich die wirtschaftlichen Perspektiven verschlechtert hätten. So hält der Mitarbeiterstab der Fed mittlerweile eine Rezession für ebenso wahrscheinlich wie ein moderates Wachstum – bis vor kurzem war man im Basisszenario noch von einem Soft Landing ausgegangen. Angesichts unserer Erwartung einer ausge-wachsenen Rezession dürfte es sich bei dieser Abwärtsrevision indes erst um den Anfang handeln. In den kommenden Monaten sollten enttäuschende Konjunkturdaten den Währungshütern immer mehr Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Entsprechend dürften die Leitzinserhöhungen schneller als von den Geldterminmärkten unterstellt enden und schliesslich von Zinssenkungen abgelöst werden.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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