Analyse
12. März 2021
EZB will Anleihenkäufe kurzfristig spürbar steigern, um Renditeanstieg zu unterdrücken

Wie erwartet hat die EZB auf den jüngsten Renditeanstieg reagiert. So sollen die Anleihenkäufe temporär erheblich nach oben gefahren werden. Diese Ankündigung ist eindeutig »taubenhaft« zu werten. Allerdings lassen sich in der Stellungnahme zur Zinsentscheidung auch zwei weniger »taubenhafte« Aspekte finden. Zum einen die explizite Begrenzung der erhöhten Käufe auf ein Quartal sowie zum anderen die Beibehaltung der Formulierung, dass PEPP-Volumen müsse nicht zwangsläufig aufgebraucht werden. Wir interpretieren die EZB-Entscheidung so, dass eine aus Sicht des EZB-Rats verfrühte Verschärfung der Finanzierungskonditionen in jedem Fall verhindert werden soll. Die EZB signalisiert mit den getroffenen Massnahmen jedoch auch, dass sie sich im weiteren Jahresverlauf im Zuge der erwarteten kräftigen Konjunkturbelebung nicht mehr gegen einen moderaten Renditeanstieg stellen wird.

Die wichtigsten Ergebnisse

Wie erwartet hat die EZB auf die aus ihrer Sicht unangemessene Verschärfung der Finanzierungsbedingungen reagiert. Zwar bleiben das Volumen des PEPP (1.850 Mrd. EUR) und die Leitzinssätze unverändert, gleichwohl sollen die Anleihenkäufe im nächsten Quartal »erheblich höher ausfallen als während der ersten Monate des Jahres«, als durchschnittlich Anleihen im Volumen von 18,2 Mrd. EUR pro Woche gekauft wurden. So soll eine Verschärfung der Finanzierungskonditionen verhindert werden.

Die Inflationsprognose für das laufende Jahr wurde deutlich von 1,0% auf 1,5% angehoben, EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte jedoch, dies gehe ausschliesslich auf technische bzw. temporäre Faktoren zurück (MwSt. Deutschland, Warenkorbgewichte, Energiepreise). Für ein Anziehen des unterliegenden Preisauftriebs gebe es weiterhin keine Anhaltspunkte. Entsprechend blieb die Inflationsprognose für 2022 und 2023 mit 1,2% bzw. 1,4% wie bisher deutlich unterhalb des Ziels der Notenbank.

Unsere Einschätzung

Die Ankündigung einer signifikanten Erhöhung der Wertpapierkäufe ist eindeutig »taubenhaft« zu werten und nichts anderes, als ein zusätzlicher temporärer geldpolitischer Impuls. Allerdings lassen sich in der Stellungnahme zur Zinsentscheidung auch zwei weniger »taubenhafte« Aspekte finden. Zum einen die explizite Begrenzung der erhöhten Käufe auf den Zeitraum eines – nämlich des nächsten – Quartals sowie zum anderen die Beibehaltung der Formulierung, dass PEPP-Volumen müsse nicht zwangsläufig aufgebraucht werden. Schliesslich verleiht auch die günstigere Einschätzung der Konjunkturperspektiven der Zinsentscheidung einen weniger »taubenhaften« Anstrich. Gemäss Lagarde sind die konjunkturellen Auf- und Abwärtsrisiken inzwischen ausgeglichener als zuletzt.

Hinsichtlich günstiger Finanzierungskonditionen brachte die EZB-Präsidentin erneut kein Licht ins Dunkel, welche Ziele die Notenbank verfolgt. Trotz mehrfacher Nachfrage konnte oder wollte Lagarde nicht erklären, was genau die Währungshüter unter günstigen Finanzierungsbedingungen verstehen bzw. was sie mit den temporär erhöhten Anleihenkäufen erreichen möchten. Lagardes Ausführungen waren langatmig und teils nur schwer nachzuvollziehen. Obwohl sie betonte, die EZB betreibe keine Zinskurvenkontrolle, drängt sich der Eindruck auf, dass die Notenbank exakt dies tut.

Wir interpretieren die jüngste EZB-Entscheidung so, dass eine aus Sicht des EZB-Rats verfrühte Verschärfung der Finanzierungskonditionen in jedem Fall verhindert werden soll. Angesichts des kurzfristig unsicheren Wirtschaftsausblicks ist das nachvollziehbar. Die klare zeitliche Begrenzung der erhöhten Anleihenkäufe zeigt jedoch auch, dass die Währungshüter nach wie vor an eine kräftige Belebung im 2. Halbjahr glauben. Diese wird unserer Einschätzung nach durch einen markanten Anstieg der Inflationsrate auf zeitweise über 2% begleitet werden. Die EZB signalisiert mit den heute getroffenen Massnahmen daher auch, dass sie sich im weiteren Jahresverlauf nicht mehr gegen einen moderaten Renditeanstieg stellen wird.

Im Zuge des erwarteten dynamischen Konjunkturaufschwungs, der bis weit ins Jahr 2022 anhalten sollte, dürfte die Inflationsrate im nächsten und übernächsten Jahr höher ausfallen als von der EZB unterstellt. Wir halten es daher für fraglich, ob die EZB den aktuellen Rahmen bei den PEPP-Käufen am Ende ausschöpft. Wahrscheinlicher erscheint uns eine Reduzierung der Käufe im 1. Halbjahr 2022 und eine Einstellung der Nettokäufe Ende des nächsten Jahres. Eine nochmalige Aufstockung des PEPP-Rahmens erwarten wir nicht. Eine erste Zinsanhebung wäre dann 2023 möglich.

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