
EZB überrascht mit grossem Zinsschritt
Die entgegen allen Ankündigungen vorgenommene Anhebung der Leitzinsen um 50 Bp ist mutig, zugleich aber auch das Eingeständnis einer gescheiterten Forward Guidance. Immerhin verzichtet die Notenbank nun auf Vorfestlegungen. Bei den in Aussicht gestellten weiteren Zinsschritte soll über das Ausmass der Erhöhung von Sitzung zu Sitzung in Abhängigkeit der jeweils vorliegenden Konjunkturdaten entschieden werden. Mit dem TPI hat die EZB ein neues Instrument, um unerwünschte Spreadanstiege zu verhindern. Die Auflagen für das Programm sind unserer Einschätzung nach relativ lax, der Interpretationsspielraum ist zugleich gross.
Die Leitzinssätze steigen um 50 Bp, weitere Zinsschritte werden in Aussicht gestellt, wobei über das Ausmass der Erhöhung von Sitzung zu Sitzung in Abhängigkeit der jeweils vorliegenden Konjunkturdaten entschieden werden soll.
Mit dem Transmission Protection Instrument (TPI) verfügt die EZB nun über ein (weiteres) Instrument zum gezielten Markteingriff, um ungerechtfertigten und ungeordneten Marktentwicklungen bei (Staats)Anleihen entgegenzuwirken. Das Programm hat kein vorab festgelegtes Volumen, ist daher ex ante unbegrenzt. Allerdings bleiben die PEPP-Reinvestitionen das Mittel der Wahl, um Marktverwerfungen entgegenzuwirken.
Der Zinsschritt um 50 Bp ist zu begrüssen. Präsidentin Christine Lagarde begründete ihn mit gestiegenen Inflationsrisiken infolge eines an Breite gewinnenden Preisdrucks, eines zunehmenden Lohndrucks, anhaltenden Engpässen bei zahlreichen Gütern sowie der Abwertung des Euro. Allerdings kommt diese Einsicht reichlich spät. Angesichts der sich immer stärker eintrübenden Konjunkturaussichten ist nämlich fraglich, wie weit die Notenbank die Zinsen überhaupt noch nach oben schleusen kann und will.
Gleichzeitig gibt es in Sachen Preisauftrieb noch keine Entwarnung. Infolge der zuletzt immer massiveren staatlichen Eingriffe deutet sich bei der Teuerungsrate zwar eine Plateaubildung an, der Rückgang der Inflationsrate ab Herbst wird aber nur sehr träge verlaufen, sodass die Inflation unserer Einschätzung nach selbst 2024 noch erkennbar über dem Zielwert der Notenbank liegen wird. Ungeachtet dessen halten wir es für wenig wahrscheinlich, dass die EZB die Leitzinsen in einen scharfen Konjunkturabschwung hinein in den restriktiven Bereich anhebt. Aus diesem Grund erwarten wir, dass nach drei weiteren Zinsanhebungen um in Summe 100 Bp Schluss ist (50 Bp im September, je 25 Bp im Oktober und Dezember). Der Einlagensatz läge Ende dieses Jahres somit bei 1,00%.
Ob das TPI tatsächlich der grosse Wurf ist, als den Lagarde das Programm darstellt oder doch eher ein Bluff, muss sich erst noch zeigen. Der EZB-Rat hat sich überraschend schnell und einstimmig auf die Ausgestaltung des Instruments geeinigt. Insbesondere die Forderungen von Bundesbankpräsident Joachim Nagel hatten langwierige und zähe Verhandlungen erwarten lassen. Die jetzt bekannt gegebenen Voraussetzungen zur Aktivierung des TPI für ein Euroland sind dagegen nicht sonderlich ambitioniert (solide Haushaltsführung, Nichtvorhandensein ernsthafter wirtschaftlicher Ungleichgewichte, Tragfähigkeit der Staatsschulden, vernünftige und nachhaltige Wirtschaftspolitik). Gemäss Lagarde erfüllen derzeit alle Euroländer die Bedingungen für den Einsatz des TPI. Anhand welcher Indikatoren und Parameter die Währungshüter entscheiden, ob ungerechtfertigte und ungeordnete Marktbewegungen vorliegen, wird nicht öffentlich gemacht.
Die entgegen allen Ankündigungen vorgenommene Anhebung der Leitzinsen um 50 Bp ist mutig, zugleich aber auch das Eingeständnis einer gescheiterten Forward Guidance. Immerhin verzichtet die Notenbank nun auf Vorfestlegungen. Mit dem TPI hat die EZB ein neues Instrument, um unerwünschte Spreadanstiege zu verhindern. Die Auflagen für das Programm sind unserer Einschätzung nach relativ lax, der Interpretationsspielraum ist zugleich gross. Die Notenbank kann das Instrument daher prinzipiell jederzeit einsetzen, sollte sie mit den PEPP-Reinvestitionen ihr Ziel nicht erreichen.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.