
EZB provoziert Instabilität
Die EZB hat die Katze aus dem Sack gelassen. Nach ihrer Strategieanpassung legt sie die Latte für die erste geldpolitische Straffung noch höher. Demnach wollen die Währungshüter die Leitzinsen erst dann anheben, wenn die Inflationsrate zur Mitte der Prognoseperiode bei 2% liegt und auf diesem Niveau bis zum Ende des Projektionszeitraums (in etwa drei Jahren) verharrt. Gleichzeitig soll sich die Kerninflationsrate klar im Aufwärtstrend befinden.
Die aktuelle Inflationsprognose der EZB (Ende 2023: 1,5%) liegt weit von den oben genannten Bedingungen entfernt. Auch der Blick in die Vergangenheit verheisst nichts Gutes. Lediglich zweimal überhaupt (2006 und 2008) prognostizierte die EZB für längere Zeit eine Inflation von gut 2% und das letzte Mal als die Kerninflationsrate die 2%-Marke gestreift hat, war im Jahr 2008. Einige glauben daher, dass die EZB den Leitzins nie mehr anheben wird.
Wir sind nicht so pessimistisch – dank der Inflation. Aus unserer Sicht ist der aktuelle Teuerungsschub nicht nur temporär. Die jüngsten Unternehmensumfragen liefern geradezu erdrückende Belege für den massiven Kostendruck, dem sich die Wirtschaft gegenwärtig ausgesetzt sieht. Die Zunahme der Inputkosten wird als so kräftig eingeschätzt wie nie zuvor. Entsprechend hat im Rahmen der Berichtssaison nahezu jedes Unternehmen auf baldige Preiserhöhungen hingewiesen. Die Inflationsrisken sind aufwärtsgerichtet.
Wir gehen daher davon aus, dass die EZB ihre Inflationsprognosen sukzessive anheben wird. Insgesamt läuft sie jedoch mit der neuen Strategie Gefahr, der Entwicklung hinterherzulaufen. Die Teuerungsraten werden kaum bei knapp über 2,0% stehenbleiben. Vielmehr beschleunigt sich ein Inflationsprozess, wenn er erst einmal in Gang gekommen ist. Wieso sollten etwa die Arbeitnehmer auf stetig steigende Inflationsraten nicht mit höheren Lohnforderungen reagieren, wenn allenthalben Fachkräftemangel herrscht?
Erkennt die Notenbank dann aber, dass die Inflation nicht nur gegen 2%, sondern sogar gegen 3% oder 4% strebt, ist es zu spät. Dann muss der Zinshebel sehr schnell umgelegt werden, um galoppierenden Preisdruck zu unterbinden. Dieser Zinsschock dürfte dann direkt in die nächste Rezession münden.
Aber auch das alternative Szenario ist nicht viel besser. Sollten die Inflationsskeptiker wider Erwarten recht behalten, dann werden die Leitzinsen tatsächlich nie mehr angehoben – mit entsprechend problematischen Konsequenzen. Der Run in Aktien, Immobilien und alternative Investments dürfte sich noch mehr verstärken, bis die Blase irgendwann platzt. So oder so befindet sich die Politik der EZB auf dem Holzweg.
Für die Stabilität des makroökonomischen Umfelds wäre es aus unserer Sicht besser, wenn die Währungshüter – in alter Tradition der Bundesbank – weniger aggressiv auftreten und rechtzeitig ihre aussergewöhnlichen Stimuli zurückfahren. Die meisten Menschen könnten mit 1% bis 2% Inflation wahrscheinlich sogar besser leben als mit über 2%. Der Zeitgeist ist aber ein anderer. Kurzfristig hat die EZB die Leitplanken nunmehr gesetzt. Mit einer Lockerung der Geldpolitik ist somit in den nächsten Monaten nicht zu rechnen. Zumal mit der Unsicherheit über die Ausbreitung der Delta-Variante ein Risiko hinzugekommen ist. Die Renditen von Bundesanleihen dürften sich daher in den nächsten Wochen auf tiefem Niveau seitwärts bewegen und erst im Laufe des 2. Halbjahres wieder nach oben drehen.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

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