Kommentar
18. Januar 2021
Der Druck auf US-Treasuries hält an

Die Aktienhausse der vergangenen Wochen war zweifellos beeindruckend. Nicht minder bemerkenswert war indes der Anstieg der lang laufenden Treasury-Renditen. Am vergangenen Dienstag rentierten 10-jährige US-Treasuries bei 1,19% und damit mehr als doppelt so hoch wie im August 2020 (+0,50%). Erst das Machtwort von Fed-Präsident Jerome Powell, der jegliche Diskussion über ein nahendes Tapering vom Tisch wischte, stoppte am vergangenen Donnerstag die Rendite-Rallye und sorgte für einen Rücksetzer. Trotz dieses Dämpfers sprechen aus unserer Sicht viele gute Gründe für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends bei den Treasury-Renditen:

Erstens hat sich das konjunkturelle Umfeld seit Mitte letzten Jahres dramatisch gewandelt. In den USA ist es nach dem Tiefschlag im 1. Halbjahr 2020 zu einer V-förmigen Erholung gekommen, die kaum jemand für möglich gehalten hatte. Das BIP dürfte Ende 2020 nur noch geringfügig (um ca. 2,5%) unter dem Vorkrisenniveau gelegen haben. Die dritte Corona-Welle hinterlässt nunmehr zwar auch in der US-Wirtschaft Spuren. Sobald die Restriktionen im Frühjahr jedoch wieder gelockert werden, sollte sich die Belebung mit noch grösserem Schwung fortsetzen. 

Dazu trägt zweitens nicht zuletzt die massive Unterstützung durch die Fiskalpolitik bei. 2020 wurden Hilfspakete im Umfang von knapp 3,5 Billionen USD verabschiedet (16% des BIP). Der designierte US-Präsident Joe Biden plant ein weiteres Programm in Höhe von 1,9 Billionen USD (9% des BIP). Mithin werden die US-Konsumenten mit Geld zugeschüttet. Bereits Ende 2020 konnten die Privathaushalte dank Konsumschecks und Arbeitslosenhilfe riesige zusätzliche Ersparnisse im Umfang von 1,6 Billionen USD bilden (7% des BIP). Diese werden in den nächsten Monaten weiter anschwellen. Mit der Rückkehr des Alltagslebens dürfte ein Grossteil der Rücklagen aufgelöst werden und damit ab dem 2. Quartal 2021 einen Konsumboom entfachen.  

Drittens hat die Inflationsrate seit Mai deutlich angezogen (von 0,1% auf 1,4%). Aufgrund der aktuellen Lockdowns wird es auch hier kurzfristig nochmals zu einem Innehalten kommen. Ab dem Frühjahr dürfte die Reflationierung jedoch weiter voranschreiten. Allen voran die Preise für Bekleidung, Flugtickets und Hotelübernachtungen stehen im 2. Halbjahr vor einem Comeback. Hinzu kommt der internationale Teuerungsdruck, der bereits in steigenden Rohstoffpreisen und Frachtkosten sichtbar wird und vom schwachen US-Dollar verstärkt wird. 

Viertens muss die Geldpolitik Farbe bekennen. Jerome Powell hat Recht, dass es aktuell zu früh ist, um über den Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik zu debattieren. Wir gehen indes davon aus, dass Wachstum und Inflation bis Ende 2021 viel schneller anziehen, als es die Notenbank in ihren Prognosen unterstellt. Damit wächst der Druck auf die Fed, früher oder später eine Exit-Strategie zu formulieren. In diesem Zuge wird der erwartete Zeitpunkt der ersten Leitzinserhöhung weiter nach vorne wandern. 

Alles in allem ist das Trio aus anziehender Konjunktur, steigendem Inflationsdruck und abnehmendem monetären Rückenwind der Nährboden für den übergeordneten Aufwärtstrend der US-Renditen. Wir gehen daher davon aus, dass die Treasury-Renditen (10 Jahre) bis Ende 2021 auf über 1,50% zulegen werden. In Europa war die wirtschaftliche Erholung zuletzt weniger dynamisch und die Teuerungsrate lag im negativen Terrain. In den kommenden Monaten wird aber auch hier ein Ruck durch die Konjunktur gehen und den Druck auf Bundesanleihen erhöhen.

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