Kommentar
11. April 2022

Ausblick für Aktienmärkte bleibt zweigeteilt

Trotz des Überfalls Wladimir Putins auf die Ukraine und ungeachtet der weltweit rekordhohen Inflation bleiben die Analysten bei ihrem Aktienmarktausblick auffallend gelassen. Laut einer Erhebung des Institutes der deutschen Wirtschaft rechnet zwar der Durchschnitt bei DAX, Eurostoxx50 und S&P500 nicht so schnell mit neuen Höchstständen. Immerhin werden auf Sicht der kommenden zwölf Monate aber von Quartal zu Quartal kontinuierliche Zuwächse erwartet. Ausgehend vom aktuellen Niveau läge das deutsche Börsenbarometer demnach in einem Jahr mit gut 15.300 Punkten rund 8% über dem aktuellen Niveau.

Eine derart stetige Entwicklung ist in unseren Augen indes ausgesprochen unwahrscheinlich. Das skizzierte Szenario ist dabei gleichermassen zu skeptisch wie auch zu optimistisch, je nachdem, welcher Zeithorizont betrachtet wird. Kurzfristig wird das Kurspotenzial deutlich unterschätzt. Wenn es – wie in unserem Basisszenario unterstellt – im Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu einer gewissen Deeskalation kommt, wird sich der Ausblick merklich aufhellen. Notwendig dafür ist gar nicht einmal ein grundlegendes Friedensabkommen. Das liegt wahrscheinlich noch in weiter Ferne. Aber allein eine Reduktion der Kampfhandlungen als Wegbereiter für eine Annäherung der Konfliktparteien dürfte für ein Aufatmen sorgen. Die zuletzt abgestürzten Stimmungsindikatoren, wie die ZEW-Konjunkturerwartungen, werden dann konstruktionsbedingt kräftig steigen. Damit zeichnen sich auch für die hoch korrelierten Aktienmärkte entsprechende Freudensprünge ab.

Rückenwind werden Dividendenpapiere in einer zweiten Welle von positiv überraschenden Konjunkturdaten erhalten. Bei einer sich abzeichnenden Beruhigung im Kriegsgeschehen dürften unter anderem die Energiepreise fallen. Bei Rohöl auch deswegen, weil hier selbst ohne russische Lieferungen die weltweite Nachfrage durch das Hochfahren der Förderung an anderer Stelle gedeckt werden kann. Der zuletzt aufgekommene Gegenwind für den privaten Verbrauch würde folglich wieder abklingen. Gleichzeitig sollte sich in den Industrienationen ein kräftiger Post-Corona-Boom entladen, der vom Nachholbedarf beim Konsum von Dienstleistungen angetrieben wird.

Aus diesem Grund sind wir beim Ausblick auf die kommenden Monate deutlich zuversichtlicher als der Durchschnitt der befragten Institute. Wenn die Lage nicht weiter eskaliert, sondern substanzielle Hoffnung auf eine Beruhigung aufkommt, sehen wir gute Chancen, dass die Aktienmärkte die bisherigen Höchststände in Angriff nehmen und sogar überschreiten. Für den DAX würde das ein über 15%iges Plus bedeuten.

So weit die gute Nachricht – nun zur schlechten: Im Laufe des 2. Halbjahres ist raueres Fahrwasser in Sicht. Das konjunkturelle Momentum wird nachlassen, wenn der Nachholbedarf der Konsumenten langsam abgearbeitet wurde. Gleichzeitig nimmt der wirtschaftliche Gegenwind zu, der durch die gestiegenen Zinsen entsteht. Dieser wirkt zwar mit einer merklichen Zeitverzögerung – nichtsdestotrotz wird dadurch der Aufschwung gebremst. Allererste Anzeichen sind bereits am US-Immobilienmarkt sichtbar, wo die Nachfrage nach Hypothekenkrediten auf ein 3-Jahres-Tief gesunken ist.

Entsprechend sind wir für die zweite Jahreshälfte skeptisch. Die bis dahin aufgelaufenen Kursgewinne dürften wieder abgegeben werden, sodass im Jahresverlauf allenfalls eine schwarze Null zu Buche steht. 2023 droht den Aktienmärkten angesichts der dann immer noch hohen Inflationsraten und Zinsen weiteres Ungemach. Aktives Management bleibt folglich unverzichtbar.

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