
Schizophrenie an den Finanzmärkten endet bald
Das widersprüchliche Verhalten der Investoren an den Finanzmärkten sollte bald enden, hat »Bantleon Chefvolkswirt« Dr. Daniel Hartmann im Gespräch mit der »NZZ am Sonntag« gesagt: »Die Widersprüche werden sich in den kommenden Monaten auflösen: Entweder die Weltwirtschaft stürzt ab und all jene, die auf Gold, Franken, Dollar und Staatsanleihen setzen, bekommen Recht. Oder die Konjunktur kommt ab dem 2. Quartal wieder in Schwung. Dann steigen die Aktienkurse weiter und die Sichere-Häfen-Anlagen kommen unter Druck.«
Er glaube an das zweite Szenario. Denn in der Eurozone hätten die Frühindikatoren bereits im 4. Quartal 2019 den Tiefpunkt durchschritten, in den USA habe sich das Wachstum ohnehin nur leicht abgeschwächt und dürfte sich nun wieder auf über 2% beschleunigen. China werde von Nachholeffekten profitieren und von den Impulsen der Regierung. »Natürlich gibt es keine 100%ige Sicherheit, aber wir denken immer noch, dass das Coronavirus nur einen temporären Rücksetzer darstellt.«
Grundsätzlich herrsche die Ansicht, dass die Zinsen sich gar nicht mehr normalisieren. Er jedoch halte die Wahrscheinlichkeit für hoch, dass die Fed gar nichts mache. »Das könnte Investoren, die in Staatsanleihen investieren, auf dem falschen Fuss erwischen. Wahrscheinlich wird im 2. Halbjahr plötzlich wieder die Inflation ein Thema.«
Die aktuellen Rahmenbedingungen seien ideal für Aktien und andere Risikoanlagen, stellte Hartmann fest: »Die Geldpolitik ist sehr expansiv, und weil die Teuerung tief ist, besteht keine Gefahr, dass die Notenbanken die Zinsschrauben abrupt anziehen werden. Auch die Fiskalpolitik ist leicht expansiv und die Beschäftigung auf einem hohen Niveau.«