
Investment Insight September 2020
Trotz steigender Infektionszahlen überraschen die Wirtschaftsdaten in den USA, China und Europa positiv. Die Aussicht auf eine anhaltende konjunkturelle Erholung unterstützt Risikoassets an den Finanzmärkten.
Die chinesischen Einkaufsmanagerindikatoren vom August zeichnen klar das Bild einer fortgesetzten Erholung. Der Industrie-Index von Markit legte noch einmal von 52,8 auf 53,1 Punkte zu und markierte damit einen 9½-jährigen Höchststand. Im Service-Sektor überraschte der EMI des Statistikamtes positiv. Er erreichte mit 55,2 nach 54,2 Punkten ein 2½-Jahres¬-Hoch. Die Umfragen bestätigen das Bild der hochfrequenten Aktivitätsdaten, wonach die Binnenwirtschaft weiter Fahrt aufnimmt. Aus den EMIs wird zudem ersichtlich, dass sich die Perspektiven für den Aussenhandel aufhellen. So setzte sich in den Industrie-Umfragen die Erholung der Teilindizes zu den Auslandsaufträgen fort. Für China zeichnet sich damit immer deutlicher ein kräftiger BIP-Zuwachs ab. Nach einem Plus gegenüber dem Vorjahr von 3,2% im 2. Quartal halten wir im 3. Quartal eine Beschleunigung in Richtung +5,0% für möglich. Das Expansionstempo der chinesischen Wirtschaft würde sich damit in grossen Schritten den Vorkrisenwerten von rund 6,0% annähern.
In den USA spiegeln die Arbeitsmarktzahlen eine Fortsetzung des Aufschwungs wider. So ist die Beschäftigtenzahl im August erneut um 1,37 Mio. gestiegen. Rund die Hälfte der 22 Mio. Arbeitsstellen, die im März/April verloren gingen, konnte inzwischen wieder besetzt werden. Die Arbeitslosenquote gab sogar unerwartet deutlich von 10,2% auf 8,4% nach. Dieser Rückgang dürfte das Ausmass der Belebung zwar überzeichnen. Aber der übergeordnete Abwärtstrend scheint stabil. Darauf deutet zum einen die hohe Zahl an US-Bürgern hin, die bei der Befragung angeben, nur vorübergehend entlassen worden zu sein. Aktuell sind das 6,2 Mio. – selbst am Höhepunkt der Rezession 2009 waren es »nur« 1,9 Mio. Die meisten temporär Entlassenen dürften im Zuge des Wiederhochfahrens der Wirtschaft schnell wieder Arbeit finden. Werden sie bei der Berechnung der Arbeitslosenquote ausgeklammert, liegt diese mit nur 4,6% deutlich unter dem Wert in früheren Rezessionen.
Zum anderen sorgt die jüngste Entwicklung der Coronavirus-Pandemie für einen positiven Ausblick. Wenn die Neuinfektionen in den kommenden Monaten weiter zurückgehen sowie Krankenhausaufenthalte und Todesfallzahlen niedrig bleiben, dürften die Kontaktbeschränkungen erneut gelockert werden. In diesem Umfeld werden auch die Beschäftigtenzahlen weiter ansteigen. Die Arbeitslosenquote sollte daher dieses Mal – verglichen mit »normalen« Rezessionen – deutlich schneller wieder in Richtung des Ausgangsniveaus zurückkehren.
In der Eurozone bestätigten die jüngsten Wirtschaftsdaten unsere Einschätzung, dass die bis zuletzt stark gestiegenen Corona-Infektionszahlen bisher kaum Auswirkungen auf die konjunkturelle Erholung haben. So sanken die Einzelhandelsumsätze im Juli zwar um 1,3% gegenüber dem Vormonat. Sie liegen nach dem kräftigen Anstieg im Mai und Juni jedoch nur um 1,2% unter dem Vorkrisenniveau vom Februar. Am Arbeitsmarkt sind die Spuren der Pandemie überschaubar. Auch im Juli ist die Arbeitslosenquote in der Eurozone nur geringfügig auf 7,9% angestiegen. Seit Ausbruch der Coronavirus-Krise hat die Quote damit lediglich um 0,7%-Punkte zugelegt. Angesichts der Schärfe des Konjunktureinbruchs wäre ein Anstieg in den zweistelligen Bereich zu erwarten gewesen. Aber neben Schwierigkeiten bei der Erhebung der Zahlen haben vor allem die vielfältigen Kurzarbeiterregelungen zur Begrenzung der Arbeitslosigkeit beigetragen.
In der deutschen Industrie stehen die Vorzeichen ebenfalls weiter auf Belebung. Nachdem der Auftragseingang im Juni um atemberaubende 28,8% gegenüber dem Vormonat in die Höhe geschossen war, kam im Juli ein Plus von 2,8% hinzu. Der Auftragseingang hat inzwischen 78% des im März und April erlittenen Einbruchs wettgemacht. Während im Mai und Juni vor allem Inlandsaufträge zugelegt hatten, waren im Juli die Auslandsorders für das Auftragsplus verantwortlich. Angesichts der ermutigenden wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und auf globaler Ebene hat die Bundesregierung ihre BIP-Prognose für 2020 von -6,3% auf -5,8% nach oben revidiert. Wir sind zuversichtlicher und erwarten »nur« einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund 5%. Das wäre weniger drastisch als während der globalen Finanzkrise im Jahr 2009 (-5,6%). Auch für die Eurozone liegt das von uns veranschlagte Minus mit rund 7% klar über der Konsensschätzung (-8,1%), jedoch deutlich unter dem Rückgang des Jahres 2009 (-4,5%).
Unser relativ optimistischer Wirtschaftsausblick erklärt sich auch dadurch, dass die in vielen Euroländern stark gestiegenen Infektionszahlen nicht zu einem Einknicken der Konjunktur geführt haben und auch in Zukunft nicht führen dürften. Die aktuelle zweite Infektionswelle unterscheidet sich grundsätzlich von der ersten Welle im März und April. Der jüngste Anstieg der Fallzahlen geht auf massiv ausgeweitete Tests zurück und betrifft vor allem Menschen, bei denen die Erkrankung relativ mild verläuft. Die ergriffenen »weichen« Massnahmen zur Viruseindämmung und das Ende der Sommerferien dürften ausreichen, um die Neuinfektionszahlen wieder zu drücken. Ein Impfstoff könnte ab Anfang 2021 zur Verfügung stehen und den Weg für eine weitere Erholung der Konjunktur bereiten.
Die Aktienmärkte legten zuletzt vor allem bei den US-Technologiewerten eine Verschnaufpause ein. Mit der konjunkturellen Erholung sollte aber der Aufwärtstrend bei Aktien anhalten, selbst wenn zahlreiche Störquellen immer wieder Ansatzpunkte für Rücksetzer bieten.
Die Serie positiver Überraschungen bei den Wirtschaftsdaten hat in den vergangenen Wochen nicht nur Aktien, sondern auch alle anderen Risikoassets beflügelt. An den Anleihenmärkten nahm der Risikoappetit zu. Geradezu lehrbuchmässig haben Unternehmensanleihen gegenüber Bundesanleihen outperformt.
Ein klassischer Gewinner in Aufschwungsphasen sind Rohstoffe. Seit März/April ist hier ebenfalls eine kräftige Erholung eingetreten. Sie wurde nicht nur von Rohöl und Gold, sondern auch von den klassischen, konjunktursensiblen Industriemetallen angetrieben. Kupfer, Zink und Nickel legten etwa seit März jeweils um über 40% zu. Mit Blick voraus rechnen wir damit, dass sowohl der Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen als auch die Einengung bei den Risikoaufschlägen an den Anleihenmärkten anhält.
Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.
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