Analyse
7. August 2020

Investment Insight August 2020

Die Wachstumszahlen für das 2. Quartal fielen wie erwartet verheerend aus. Trotz steigender Infektionszahlen in den USA signalisieren die Konjunkturindikatoren aber für das 3. Quartal eine deutliche Trendwende.

Die US-Wirtschaft verzeichnete im 2.  Quartal erwartungsgemäss den stärksten Einbruch seit Erhebung von Quartalsdaten im Jahr 1947. Das Minus fiel mit 32,9% (annualisiert, Veränderung gegenüber dem Vorquartal) dabei etwas geringer aus, als von den Analysten vorhergesagt wurde (Konsensus: -34,5%). Neben dem privaten Konsum traf es die Investitionen besonders hart.

Der Wirtschaftseinbruch in den USA im zurückliegenden Quartal ist historisch. Allerdings handelt es sich um einen Blick in den konjunkturellen Rückspiegel. Viel wichtiger ist die Frage, wie es nun weitergeht. Die Details der jüngsten BIP-Zahlen bieten mit Blick auf die nächsten Quartale durchaus einige positive Aspekte. So spricht etwa der merkliche Rückgang der Lagerinvestitionen dafür, dass es hier zu einer kräftigen Gegenbewegung kommt. Zuversichtlich darf man auch hinsichtlich der Investitionen in Ausrüstungen sein. Diese sind im 2. Quartal so stark gesunken, dass bereits im laufenden Quartal wieder ein Zuwachs wahrscheinlich ist. Gestützt wird diese Annahme durch den Auftragseingang langlebiger Güter, der im Juni schon wieder 50% des im März und April erlittenen Rückgangs wettgemacht hat.

Für die Bauinvestitionen haben sich die Perspektiven zuletzt ebenfalls spürbar aufgehellt und auch die privaten Konsumausgaben werden zwischen Juli und September kräftig zulegen. Zwar hat der deutliche Anstieg der Neuinfektionszahlen im Juli den Konsum zuletzt gebremst, von einem erneuten Einbruch kann aber keine Rede sein. Einige hochfrequente Konjunkturdaten deuten sogar darauf hin, dass sich die Konsumenten den aktuellen Umständen anpassen, anstatt gänzlich aufs Einkaufen zu. Wir halten daher im 3. Quartal einen BIP-Zuwachs um rund 25% (annualisiert) für wahrscheinlich, dem ein weiteres Plus im Schlussquartal 2020 folgen sollte.

In der Eurozone ist das BIP im 2. Quartal um 12,1% geschrumpft (Veränderung gegenüber dem Vorquartal, nach -3,6% in Q1). Das Minus fiel damit weniger stark aus, als auf dem Hochpunkt der Pandemie im April erwartet. Die Streuung zwischen den einzelnen Ländern ist geringer als angenommen. So liegt der Rückgang des BIP in den Ländern, für die bereits Zahlen vorliegen, zwischen 10,1% (Deutschland) und 14,1%. Lediglich in Spanien fiel das Minus mit 18,5% erheblich grösser aus. Die spanische Wirtschaft hat bisher unter der Pandemie am stärksten gelitten. Im gesamten 1. Halbjahr ist sie um fast ein Viertel geschrumpft. Frankreich liegt mit einem kumulierten Rückgang in den ersten beiden Quartalen von knapp 20% an zweiter Stelle. Erst dann folgen Italien und Portugal, deren BIP jeweils um gut 17% gesunken ist. Deutschland steht mit einem Minus von rund 12% besser da. Den geringsten Schaden hat die Viruskrise bisher in den Niederlanden, Finnland und – etwas überraschend – Griechenland angerichtet.

Der Konjunkturabsturz im zurückliegenden Quartal ist in Europa beispiellos. Der Ausblick für das 2. Halbjahr ist unverändert positiv. Im laufenden Quartal zeichnet sich ein BIP-Zuwachs von rund 10% ab. Insbesondere der private Konsum scheint sich zu erheben wie Phönix aus der Asche. Die aktuellsten Zahlen zum Einzelhandelsumsatz für Juni zeigen: Der Einbruch im März und April wurde in zahlreichen Euroländern inzwischen nicht nur wieder aufgeholt, sondern es wird vielerorts nun sogar mehr eingekauft als vor der Krise. Der Einzelhandelsumsatz startet somit mit einem massiven statistischen Überhang ins laufende Quartal und dürfte für eine kräftige Zunahme des privaten Verbrauchs sorgen. Zudem deuten täglich verfügbare Daten zum Einkaufsverhalten darauf hin, dass sich ausser in Spanien die Aufwärtsbewegung im Einzelhandel im Juli fast überall fortgesetzt hat. Damit scheint Spanien auch zu Beginn des 2. Halbjahres am härtesten von der Krise getroffen zu bleiben.

Mit Blick auf die Eurozone insgesamt gibt es im laufenden Quartal auch bei den Investitionen viel Luft nach oben und der Aussenbeitrag dürfte das BIP-Wachstum zusätzlich anschieben. Da der BIP-Rückgang im 2. Quartal geringer als erwartet ausfiel, könnte sich unsere Prognose einer im Jahr 2020 um rund 8% sinkenden Wirtschaftsleistung als zu pessimistisch erweisen. Das Hauptrisiko bleibt eine zweite Infektionswelle. Allerdings erwarten wir selbst in diesem Fall keinen nochmaligen Absturz der Konjunktur, sondern »lediglich« eine Unterbrechung des Erholungstrends.

Die Viruskrise wirbelt weiterhin auch die Inflationszahlen durcheinander. So stieg die Inflationsrate in der Eurozone entgegen der allgemeinen Erwartung im Juli auf 0,4% an. Ursache war die Verschiebung des Sommerschlussverkaufs in Frankreich und Italien, wodurch die Preise für Bekleidung im Vorjahresvergleich durch die Decke gingen. Im August wird sich dieser Effekt umkehren, sodass die EUR-Inflationsrate vermutlich auf ein neues zyklisches Tief sinken wird. Der von uns erwartete nachhaltige Anstieg der Teuerungsrate ist aber nur verschoben. 2021 wird die Inflationsrate wegen der Basiseffekte bei den Energiepreisen und wegen der Wiederanhebung der deutschen Mehrwertsteuer auf über 2% klettern (siehe auch Fokus auf Seite 4).

An den Finanzmärkten setzte sich zuletzt die Goldrallye bis nahe 2.000 USD pro Unze fort. In Zeiten immer stärker aufgeblasener Notenbankbilanzen gilt Gold als letzter sicherer Hafen. Neben Gold profitieren mit Bitcoin und Silber auch andere Wertaufbewahrungsmittel, die als Alternative zu den Papiergeldwährungen gesehen werden. Die Liquiditätsflut stützte zudem einmal mehr die Staatsanleihenmärkte und zunächst die Aktienmärkte. Dann jedoch gab sich der US-Notenbankpräsident als Spielverderber und zeichnete ein sehr negatives Bild der US-Wirtschaft. Die Furcht vor einer zweiten Ausbruchswelle des Coronavirus in Europa und Asien schürte weitere Ängste. DAX und Eurostoxx50 mussten daher Ende Juli Federn lassen.

Das Virusgeschehen bleibt zwar in den nächsten Monaten ein grosser Risikofaktor. Darüber geraten aber Fortschritte in der Pandemie-Bekämpfung in den Hintergrund. Auch bei den Konjunkturdaten ist die Meinungsbildung derzeit einseitig ins Negative abgerutscht. Zweifellos ist es in den USA zu Beginn des 3. Quartals zu einer Abflachung der Konsumdynamik gekommen. In Europa aber setzte sich bis zuletzt der Aufwärtstrend fort und in China deutet sich derzeit ebenfalls für das laufende Vierteljahr eine Fortsetzung der Erholung an. Entsprechend sollte die weltwirtschaftliche Belebung anhalten. Über kurz oder lang wird dies die Aktienmärkte wieder befeuern. Gleichzeitig kommen die Staatsanleihenmärkte unter Druck, insbesondere wenn die Inflation in der Eurozone zunimmt. Einen Beitrag leistet dazu auch der schleichende Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen, die seit dem Tiefpunkt im April um über 50% zugelegt haben.

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