Kommentar
20. Januar 2020

Aus konjunktureller Sicht ist der Handelsdeal ganz klar ein Plus

Die überwiegende Mehrheit der Kommentatoren lässt kaum ein gutes Haar am Phase-1-Handelsabkommen zwischen den USA und China, dessen Unterzeichnung am vergangenen Mittwoch von Donald Trump im Weissen Haus zugegebenermassen etwas bizarr in Szene gesetzt wurde. Es wird bemängelt, die getroffenen Vereinbarungen würden im Wesentlichen nur untergeordnete Themen betreffen. Wichtige Fragen, wie die unfairen Subventionspraktiken Chinas oder der wirksame Schutz geistigen Eigentums seien ausgeklammert worden. Von einem Durchbruch könne daher keine Rede sein. Und selbst bei den Zöllen gibt es etwas auszusetzen, da anders als zwischenzeitlich in den Raum gestellt, der allergrösste Teil der bislang verhängten Tarife nicht zurückgenommen wird.

Diese Nörgeleien dürfen aber nicht den Blick darauf verstellen, dass eine Reihe bemerkenswerter Fortschritte gemacht wurde. Erstmals seit Beginn des Streits zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt vor rund zwei Jahren haben sich die Konfliktparteien tatsächlich geeinigt und gleich mehrere Zeichen einer echten Deeskalation gesetzt. So ist es nicht nur zur Premiere einer schriftlichen Übereinkunft gekommen. Begleitet wurde dieser Meilenstein auch davon, dass die USA China wenige Tage zuvor vom Vorwurf der Währungsmanipulation freigesprochen haben.

Des Weiteren wurden regelmässige Treffen auf Ministerebene zur Diskussion kritischer Handelsfragen wiederbelebt, die Donald Trump zuvor quasi boykottiert hatte. Wer zusätzlich zu diesem umfangreichen Bündel auch noch auf die Lösung der seit Jahrzehnten existierenden Probleme – wie beispielsweise die Eindämmung des erzwungenen Technologietransfers und die Einschränkung unfairer Subventionspraktiken – gehofft hatte, hat schlicht und einfach zu viel erwartet.

Die entscheidende Botschaft der Annäherung der vergangenen Tage ist, dass sich die Grosswetterlage deutlich gewandelt hat. Nicht dass China und die USA auf dem Weg wären, beste Freunde zu werden. Und selbst das im Raum stehende Phase-2-Abkommen zur Klärung der offenen Fragen wird wahrscheinlich nicht so bald kommen. Allerdings hat vor allem die US-Regierung erkannt, dass sie mit dem Konfrontationskurs der vergangenen beiden Jahre nicht weiterkommt, sondern letztlich der eigenen Wirtschaft erheblichen Schaden zufügt.

Für den Welthandel ist das eine erfreuliche Entwicklung. Weitere Zollerhöhungen dürften erst einmal vom Tisch sein. Auch wenn die Zölle nur wenig gesenkt werden, ist das bereits ein wichtiger Fortschritt. Denn von dieser Seite wird das BIP-Wachstum nun – anders als im vergangenen Jahr – nicht mehr belastet. Für sich genommen spricht allein der Wegfall dieses Bremsfaktors für wieder höhere Wachstumsraten in China im laufenden Jahr.

Erste Anzeichen dieser Entlastung sind bereits auszumachen. Die Exportdynamik hat nach Massgabe der jüngsten Aussenhandelszahlen und der Einkaufsmanagerumfragen schon wieder zugenommen. Darüber hinaus dürfte das Wachstum im Reich der Mitte im 1. Halbjahr 2020 mit der üblichen zeitlichen Verzögerung von den geld- und fiskalpolitischen Stimuli des vergangenen Jahres angeschoben werden.

Fazit: Das Phase-1-Handelsabkommen liefert einen wichtigen Beitrag, um in China den Weg für eine konjunkturelle Erholung frei zu machen. Die damit einhergehende Belebung des Welthandels dürfte auf wichtige Exportnationen wie die Länder der Eurozone ausstrahlen. Auch hier gewinnen somit die Aufschwungskräfte die Oberhand, die ebenfalls durch geldpolitischen Rückenwind verstärkt werden. Aus konjunktureller Sicht ist der Handelsdeal folglich ein klares Plus.

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