Analyse
11. Januar 2019

Investment Insight Januar 2019

Inzwischen zeigen sich auch in der amerikanischen Wirtschaft erste Warnsignale. Die Unternehmen werden pessimistischer und das Wachstum geht zurück. Für die Finanzmärkte bleibt dies ein herausforderndes Umfeld.

Lange Zeit schien die US-Unternehmen nichts zu erschüttern: Weder der vom Präsidenten Donald Trump angezettelte Handelskrieg noch die Wachstumsabkühlung in Asien und Europa oder auch Börsenturbulenzen und steigende Zinsen konnten die Stimmung der Unternehmen nachhaltig eintrüben. Dies änderte sich abrupt im Dezember. Bereits die regionalen Geschäftsklimaindikatoren der Federal Reserve hatten das angedeutet. In seltenem Einklang liessen die Indices aus New York, Philadelphia, Kansas City, Dallas und Richmond spürbar Federn.

Offen zu Tage trat der schwindende Optimismus im Rahmen der ISM-Umfrage im verarbeitenden Gewerbe. Der daraus hervorgehende Einkaufsmanagerindex stand lange Zeit stellvertretend für die unerschütterliche Zuversicht in den USA – zwischen August 2017 und November 2018 bewegte sich der Indikator in einer engen Bandbreite von 57,3 bis 61,3 Punkte auf hohem Niveau seitwärts. Im Dezember aber sackte der ISM-EMI auf 54,1 Punkte. Dies war nicht nur ein deutlich stärkeres Minus als erwartet, sondern der grösste Monatsrückgang seit Oktober 2008. Besonders heftig erwischte es die Auftragskomponente, die von 62,1 auf 51,1 Punkte einbrach. Der Einbruch unterstreicht die jüngst bereits abflauende Dynamik bei den Auftragseingängen der Industrie. Laut dem Statistikamt war die Nachfrage nach Kapitalgütern (ohne Transport- und Militärsektor) im November zum zweiten Mal in Folge rückläufig.

Stabilisierend wirkt für den ISM noch die Beschäftigungskomponente. Sie lag zuletzt bei 56,2 Punkten. Die gute Beschäftigungslage unterstrich auch der jüngste Arbeitsmarktbericht mit einem Feuerwerk an guten Daten: Der Stellenzuwachs im Dezember lag bei über 300.000, insgesamt wurden im 4. Quartal mit 762.000 neuen Stellen so viele geschaffen wie seit zwei Jahren nicht mehr und die Wachstumsrate der durchschnittlichen Stundenlöhne kletterte auf 3,2%. Aber: Beschäftigungszahlen sind nachlaufende Indikatoren. Über kurz oder lang kann sich auch der Arbeitsmarkt einer rückläufigen Wachstumstendenz nicht entziehen.

Für Abwärtsdruck in den kommenden Monaten sprechen die mageren Ordereingänge und zahlreiche fundamentale Faktoren: Dazu gehören der abnehmende fiskalische Rückenwind, weniger günstige Finanzierungskonditionen und die weiter nachlassende Nachfrage aus China. Mit dem »Government Shutdown« ist ein hausgemachtes Problem hinzugekommen. Aufgrund der verhärteten Fronten im Streit um die Grenzmauer zu Mexiko droht aktuell eine Hängepartie über mehrere Wochen. Dies könnte einige Zehntel an Wachstum im 1. Quartal 2019 kosten.

Alles in allem sehen wir uns durch die jüngsten Entwicklungen in unserem skeptischen Konjunkturausblick bestätigt. Die Schwächesignale breiten sich auf mehrere Bereiche der US-Wirtschaft aus. Das Expansionstempo dürfte sich entsprechend 2019 deutlich verlangsamen. Wir rechnen nur noch mit durchschnittlich 2,0% BIP-Wachstum pro Quartal (annualisiert). 2018 waren es im Mittel 3,0%. Die Arbeit der Fed ist mit dem jüngsten Zahlenstrom nicht einfacher geworden. Sie muss wachsenden Lohndruck und konjunkturelle Abkühlung gegeneinander abwägen. In Anbetracht dieser Gemengelage erwarten wir von der Fed nur noch maximal einen Zinsschritt im 1. Halbjahr 2019.

Während in den USA die Industrie erst in jüngster Zeit Gegenwind verspürt, zeigt die Tendenz in China bereits seit Längerem abwärts. Im November fiel die Wachstumsrate der Industrieproduktion auf 5,4% und damit das tiefste Niveau seit zehn Jahren. Für den Jahreswechsel zeichnet sich keine Besserung ab. Im Gegenteil: Die beiden Einkaufsmanagerindikatoren der Industrie vom Nationalen Statistikamt und von Markit sanken im Dezember parallel unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten (Statistikamt: 49,4 nach 50,0 Punkten, Markit: 49,7 nach 50,2 Punkten). Dazu trug der schwache inländische Bestelleingang ebenso bei wie die anhaltend enttäuschende Nachfrage aus dem Ausland.

Auch in Europa schloss das Jahr 2018 enttäuschend: Die nationalen Geschäftsklimaindikatoren zeigten Schwäche, in einigen Ländern hat sich der Abwärtstrend sogar beschleunigt. Der deutsche IFO-Index etwa sackte im Dezember auf ein 2-Jahres-Tief (101,0 nach 102,0 ­Punkten). Die Geschäftserwartungen wurden sogar so schlecht bewertet wie seit fünf Jahren nicht mehr (97,3 nach 98,7 Punkten). Für den Rückgang verantwortlich war neben dem lethargischen Einzelhandel vor allem die Industrie. Hier hatte 2018 lange der Fahrzeugbau für schlechte Laune gesorgt. Im Dezember kam es zu einem Rollentausch. Das Sentiment in der Autoindustrie erholte sich; dafür erlitten andere Sektoren wie Chemie, Computer oder Metallgewerbe wegen schwächerer Exportaussichten markante Rückschläge Dies unterstreicht: Die deutsche Industrie ist mittlerweile mit einer breit angelegten Nachfrageabschwächung konfrontiert.

Alles in allem wurde der schwache europäische Wachstumstrend um die Jahreswende 2018/2019 sowohl von den Einkaufsmanager- als auch den Geschäftsklimaindikatoren bestätigt. Französische Einzelhändler litten zudem stark unter den anhaltenden Protesten der Gelbwesten. Selbst der lange Zeit vorherrschende Aufwärtstrend bei der Inflation ist in der Eurozone im Dezember endgültig zum Stillstand gekommen: Die Teuerungsrate der Währungsunion knickte im Dezember aufgrund der gesunkenen Energiepreise von 1,9% auf 1,6% ein, die Kerninflation bewegt sich weiterhin um 1,0% seitwärts.

Die Entwicklung an den Finanzmärkten war zuletzt von extremen Schwankungen und wiederkehrenden Angstattacken geprägt. Dazu trug vor allem die unberechenbare US-Politik bei. Daneben heizten immer wieder schwache Konjunkturdaten die Risk-off-Stimmung an. Schliesslich kamen schlechte Nachrichten aus dem Unternehmenssektor hinzu. Für Aufsehen sorgte allen voran Apple, das seine Umsatzprognose für das 1. Quartal 2019 kassierte. Schuld daran sei nicht zuletzt die schwache Nachfrage in China. Das war für viele Investoren ein klares Indiz, dass nunmehr auch die US-Wirtschaft mit in den globalen Abwärtssog geraten ist. Nach den Turbulenzen rund um Weihnachten hat sich die Lage am Jahresanfang zwar etwas stabilisiert. Dennoch bleiben aus unserer Sicht Risikoassets wie Aktien und Unternehmensanleihen vorerst rückschlagsgefährdet.

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