Analyse
22. Juli 2019

EZB und Fed im Gleichschritt – aber nicht mehr lange

Die EZB-Sitzung in dieser Woche ist der Auftakt für eine ganze Serie wichtiger Notenbanktreffen (Bank of Japan: 30. Juli, Fed: 31. Juli, Bank of England: 1. August). In welche Richtung die Währungshüter tendieren, steht ausser Frage. In den vergangenen Wochen haben bereits die Zentralbanken von Südkorea, Südafrika, Australien, Indonesien und Indien die Leitzinsen gesenkt.

Auch bei der EZB laufen die Vorbereitungen für zusätzliche gelpolitische Lockerungen auf Hochtouren. Im Rahmen der Sintra-Rede vom 18. Juni hat Mario Draghi den Kurs vorgegeben: Sollten keine Verbesserungen in den Daten eintreten, sind neue monetäre Impulse unumgänglich – vor allem Leitzinssenkungen wurden ins Spiel gebracht. Auch wenn einige Konjunkturzahlen zuletzt positiv überrascht haben (z.B. Mai-Industrieproduktion), waren bei den geopolitischen Krisenherden (Brexit, Handelsstreit), die der Notenbank besonders Bauchschmerzen bereiten, keine Fortschritte beobachtbar.

Eine EZB-Leitzinssenkung (um 10 bis 20 Bp) ist daher absehbar. Die Frage ist, ob sie bereits in dieser Woche oder erst im September umgesetzt wird. Für diesen Donnerstag spricht, dass sich gerade der neue EZB-Chefvolkwirt (Philip Lane) für proaktives Handeln ausgesprochen hat. Zudem würde es die Notenbank vermeiden, die Markterwartungen zu enttäuschen.

Während hinter dem EZB-Timing noch ein Fragezeichen steht, ist bei der Fed eine Leitzinssenkung Ende Juli nahezu gesetzt. Hier geht es mittlerweile nur noch um die Frage, ob es ein Schritt um 25 oder 50 Bp wird. Aus unserer Sicht läuft es auf eine kleine geldpolitische Lockerung hinaus.

Im Endeffekt befinden sich die EZB und die Fed somit nahezu im Gleichschritt. Bleibt dies in den nächsten Monaten so? In den USA lief es konjunkturell im 1. Halbjahr 2019 zwar noch rund, die Frühindikatoren deuten jedoch eindeutig auf eine Wachstumsverlangsamung hin. Zu dieser Abkühlung tragen unter anderem die Leitzinserhöhungen der vergangenen Jahre und die auslaufenden Fiskalimpulse bei.

Die Eurozone befindet sich dagegen bereits seit eineinhalb Jahren im Abschwung. Das Wachstum hat sich auf 1,0% (im Vorjahresvergleich) abgeschwächt. Mittlerweile gibt es immerhin Anzeichen für eine Bodenbildung. Zudem ist die Fiskalpolitik leicht expansiv ausgerichtet und die Finanzierungskonditionen haben sich zuletzt kontinuierlich verbessert. Die Basis für eine zyklische Belebung ist damit gelegt.

Alles in allem zeigt der Konjunkturtrend in den USA nach unten und in der Eurozone nach oben. Der Verlauf der Handelsgespräche wird diese Tendenzen verstärken oder abschwächen. Kommt es zur Eskalation (weiteren Strafzöllen), bleibt die konjunkturelle Erholung in der Eurozone aus und die US-Wirtschaft läuft Gefahr, in eine Rezession abzurutschen.

Einigen sich die Parteien dagegen auf Kompromisse oder lösen sogar den gordischen Knoten, wird dies der Erholung in der Eurozone zusätzlichen Auftrieb verleihen. Gleichzeitig sollte der US-Abschwung milder verlaufen.

Letzteres halten wir weiterhin für die wahrscheinlichere Variante. In unserem Basisszenario erwarten wir daher keine Serie an expansiven EZB-Massnahmen. Vielmehr dürfte die Notenbank Ende 2019 wieder eine neutrale Haltung beim Zinsausblick einnehmen. In den USA könnte es dagegen – wegen der abflauenden Konjunktur – noch ein oder zwei zusätzliche Zinssenkungen geben. Im Ergebnis rechnen wir in der Eurozone in den nächsten Monaten mit steigenden Renditen, während Treasury-Renditen seitwärts marschieren sollten.

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