Analyse
16. Oktober 2018

Investment Insight Oktober 2018

Die schwächelnde chinesische Wirtschaft trägt mit dazu bei, dass sich das aussenwirtschaftliche Umfeld der Eurozone trotz aktuell robuster US-Konjunktur eintrübt. Skeptischer werden primär die Industrieunternehmen. Die Dienstleister zeigen sich hingegen noch relativ unbeeindruckt, dürften künftig aber ebenfalls vorsichtiger werden.

Der amerikanische Jobmotor läuft rund. Zwar wurden im September mit 134.000 neuen Stellen weniger Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Aber die Arbeitslosenquote ging überraschend von 3,9% auf 3,7% zurück und erreichte damit ein knapp 50-jähriges Rekordtief. Die Engpässe bei der Stellenbesetzung werden somit immer grösser und dürften in den kommenden Monaten das Lohnwachstum antreiben. Zuletzt stiegen die Löhne mit einer annualisierten 6-Monats-Veränderung von 3,3%. Damit liegt das Lohnplus zwar höher als im Vorjahr, dennoch ist die Dynamik der Lohnsteigerungen im historischen Vergleich noch moderat. So kann die US-Notenbank gegenwärtig an ihrem Kurs gradueller Zinserhöhungen festhalten und muss keine Beschleunigung ins Auge fassen.

Ebenso positiv wie der Arbeitsmarkt zeigt sich – gemessen an den neusten Unternehmensumfragen – die US-Wirtschaft insgesamt. Allen voran die US-Dienstleistungssektoren präsentieren sich in einer blendenden Verfassung. Der entsprechende ISM-Einkaufsmanagerindex stieg von 58,5 auf 61,6 Punkte und verfehlte nur um vier Zehntel das bisherige Allzeithoch aus dem Jahr 1997. Für den gestiegenen Optimismus waren ein beschleunigtes Umsatzwachstum (65,2 nach 60,7 Punkten), umfangreichere Neuaufträge (61,6 nach 60,4 Punkten) und ein grösserer Stellenzuwachs (62,4 nach 56,7 Punkten) verantwortlich.

Zuversichtlich bleiben im Grossen und Ganzen auch die Industrieunternehmen. Allerdings ging der ISM-Index von 61,3 auf 59,8 Punkte zurück. Massgeblich dafür war die Auftragskomponente. Sie gab von 65,1 Punkten auf 61,8 Punkte nach und ist vom zyklischen Höhepunkt im Dezember 2017 (67,4 Punkte) inzwischen deutlich entfernt. Gleiches gilt für den ebenfalls tendenziell vorauslaufenden Teilindex zur Auftragsentwicklung im Dienstleistungssektor. Wir sehen darin eine Bestätigung unseres langfristigen Konjunkturausblicks und rechnen für das Jahr 2019 mit einer merklich nachlassenden Wachstumsdynamik – denn dann wird der Rückenwind durch die fiskalischen Stimuli abnehmen und gleichzeitig der Gegenwind durch die gestiegenen Zinsen zunehmen.

Anders als in den USA ist in China der Konjunkturtrend schon jetzt nach unten gerichtet. Die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie gaben im September deutlich nach: Der Industrie-EMI des nationalen Statistikamtes (NBS) ging unerwartet deutlich von 51,3 auf 50,8 Punkte zurück. Das Pendant von Markit erreichte mit 50,0 Punkten sogar erstmals nach 16 Monaten die Expansionsschwelle. Der Service-EMI des Statistikamtes legte zwar von 54,2 auf 54,9 Punkte zu. Das ändert aber nichts daran, dass im Durchschnitt des 3. Quartals eine merklich nachlassende Dynamik gegenüber dem Durchschnitt des 2. Quartals zu verzeichnen ist.

Aufgrund der hohen Korrelation zum BIP-Wachstum deuten die wichtigen EMIs damit nach wie vor auf eine Verlangsamung beim Wirtschaftswachstum hin. Die erhofften positiven realwirtschaftlichen Anschubwirkungen der zuletzt lancierten staatlichen Stimuli lassen mithin weiterhin auf sich warten. Das Statistikamt gibt die BIP-Zahlen für das 3. Quartal in der kommenden Woche bekannt. Wir rechnen mit einem Plus von 6,6% nach 6,7% im 2. Quartal. Aber auch eine etwas deutlichere Abschwächung auf 6,5% ist möglich.

In Deutschland überraschten die Auftragseingänge der Industrie im August positiv. Mit +2,0% legten sie gegenüber dem Vormonat mehr als doppelt so kräftig zu wie erwartet. Vor allem die Bestellungen aus dem Ausland (+5,8%) waren für das gute August-Ergebnis verantwortlich, die inländische Nachfrage ging dagegen um 2,9% zurück. Die jüngste Belebung der Auslandsorders ist zwar erfreulich. Sie kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der übergeordnete Ausblick für die Exportwirtschaft weiterhin skeptisch zu werten ist. Belastend wirkt nicht nur die Verunsicherung durch das protektionistische Verhalten der USA. Auch die Wachstumsverlangsamung in China bremst.

Die stark exportorientierte deutsche Industrie spürt das besonders. Das zeigt unter anderem der Teilindex zur Entwicklung der Auslandsnachfrage in der September-Einkaufsmanagerumfrage. Er ging von 51,8 Punkten auf 48,1 Punkte zurück. Auch die übrigen EMI-Daten zeichnen im Grossen und Ganzen einen trüben Ausblick. Demnach hat das Expansionstempo in der europäischen Industrie merklich nachgelassen. Mit 53,2 nach 54,6 Punkten sackte der entsprechende Index auf das tiefste Niveau seit zwei Jahren.

Die Belastungen, die aus der Eintrübung des aussenwirtschaftlichen Umfelds resultieren, machen vor keinem Land der exportabhängigen Eurozone halt. Die jüngsten Daten für Spanien und Italien zeigen, dass sich beide Länder dem übergeordneten Abwärtssog im verarbeitenden Gewerbe nicht entziehen konnten. In Spanien rutschte der Industrieindex mit 51,4 nach 53,1 Punkten auf ein 2-Jahres-Tief ab. In Italien wurde mit 50,0 nach 50,1 Punkten sogar die Expansionsschwelle erreicht.

Während die Industrie unter dem nachlassenden Rückenwind vom Aussenhandel leidet, konnten sich die Servicesektoren zuletzt behaupten. Wie in Deutschland und der gesamten Eurozone war auch in Spanien und Italien eine Stabilisierung zu beobachten. Mit Blick voraus ist das aber nur ein schwacher Trost. Nur kurzfristig können die Servicesektoren der nachlassenden Industriedynamik widerstehen. Je länger die Abschwächung in der Industrie anhält, umso mehr dürften davon auch Bremseffekte auf die Dienstleister ausgehen. Unsere Frühindikatoren deuten im Zuge der rückläufigen Wachstumsdynamik in China und des sich perspektivisch eintrübenden Ausblicks für die US-Wirtschaft solch eine andauernde Abkühlung für die Industrie an – die Servicesektoren sollten in diesem Umfeld in raueres Fahrwasser geraten.

An den Finanzmärkten standen zuletzt Anleihen im Fokus der Anleger. Zunächst war es der Haushaltsstreit in Italien, der für steigende Zinsen und Risikoaufschläge bei italienischen Staatsanleihen sorgte, dann zogen die US-Renditen deutlich an. Der nahezu stetige Fluss erfreulicher Konjunkturdaten in den vergangenen Wochen liess bei den Finanzmarktteilnehmern die Einschätzung wachsen, wonach die US-Notenbank die Leitzinsen doch stärker anheben könnte, als das bislang von den Geldterminmärkten eingepreist wurde. Die Treasury-Renditen folgten auf dem Fuss. 2-jährige T-Notes stiegen auf ein neues 10-Jahres-Hoch bei 2,89%, 10-jährige auf ein neues 7-Jahres-Hoch bei 3,23%. Kurzfristig könnten die Renditen durchaus nochmals zulegen. Aber im Jahr 2019 dürfte die Wende kommen. Wenn die fiskalischen Stimuli ausklingen und die verschärften Finanzierungskonditionen mit einer Verzögerung von mehreren Monaten die Unternehmensinvestitionen bremsen, sollte das Wirtschaftswachstum spürbar nachgeben und parallel auch die Arbeitsmarkterholung an Schwung verlieren. Die US-Notenbank wird dann eine Pause im Zinserhöhungszyklus einlegen. Die Staatsanleihen werden diese wie immer vorwegnehmen – die Renditen werden ​wieder sinken.

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