
Investment Insight November 2018
Weltweit lässt das Exportwachstum nach. Dazu trägt die amerikanische Handelspolitik ebenso bei wie die Konjunkturschwäche in China. Die deutsche Wirtschaft litt zuletzt unter Sondereffekten in der Autoindustrie und rutschte beim BIP-Wachstum wahrscheinlich sogar ins Minus.
Es ist schon ein Phänomen, in welch gleichmässig robustem Tempo der USArbeitsmarkt in diesem Jahr voranschreitet – lediglich die Hurrikans sorgen ab und zu für Volatilität. Im Oktober wurden laut Arbeitsministerium 250.000 neue Stellen geschaffen und damit mehr als vom Konsensus erwartet (200.000). Das Plus aber ist im Wesentlichen die Gegenreaktion zum schwachen September (118.000), der wegen Hurrikan Florence nach unten verzerrt war. Der gleitende 3-Monats-Durchschnitt bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau (212.000) seitwärts. Die Arbeitslosenquote verharrt auf dem 48-Jahres-Tief von 3,7%. Und der Sprung bei der Jahresrate der Stundenlöhne auf 3,1% beruht auf einem statistischen Basiseffekt, in den kommenden Monaten sollte der Aufwärtstrend wieder abflachen.
Der boomende Arbeitsmarkt zeichnet also das Bild eines unverändert robusten Wirtschaftsaufschwungs. Aber die neusten Unternehmensumfragen deuten darauf hin, dass die Dynamik auf hohem Niveau nachlässt. Der ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie gab im Oktober etwas stärker als erwartet von 59,8 auf 57,7 Punkte nach und erreichte damit den zweitniedrigsten Stand seit 15 Monaten. Der Teilindex zur Auftragslage rutschte mit 57,4 nach 61,8 Punkten sogar auf das tiefste Niveau in diesem Zeitraum ab. Nicht zuletzt trübt der nachlassende Aussenhandel den Optimismus der Industrie. Der entsprechende Subindex fiel auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren. Es zeigt sich: Die Abschottungspolitik der Regierung Trump hat zwar zunächst hauptsächlich die Handelspartner belastet. Offensichtlich beginnt sie nun aber auch auf die US-Unternehmen negativ zu wirken.
Für den kurzfristigen BIP-Ausblick sind diese Belastungen kein Problem – der private Konsum und ein weiterer Schub von den Unternehmensinvestitionen dürften das Expansionstempo im Schlussquartal 2018 auf einem relativ hohen Niveau von rund 3,0% halten. Mit Blick weiter voraus sollten die gestiegenen Zinsen jedoch immer mehr Gegenwind erzeugen. Daher sehen wir im jüngsten Rückgang des ISM-Index den Auftakt für eine nachhaltige Abschwächung, die mit einer merklichen Verlangsamung des BIP-Wachstums im kommenden Jahr einhergeht.
In China hat die Konjunkturdynamik schon jetzt weiter nachgelassen. Das zeigen die neuesten Einkaufsmanagerumfragen. Nach den Daten des nationalen Statistikamtes (NBS) ist das Industrie-Barometer im Oktober von 50,8 auf 50,2 Punkte gesunken und erreichte damit den tiefsten Stand seit über zwei Jahren. Ausserhalb des verarbeitenden Gewerbes ging es ebenfalls abwärts. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex fasst Dienstleistungs- und Bausektor zusammen. Er sackte auf 53,9 Punkte und damit auf ein 14-Monats-Tief. Belastend für das verarbeitende Gewerbe wirkt weiterhin die Eintrübung des aussenwirtschaftlichen Umfelds. Die entsprechende Unterkomponente der EMI-Umfrage des NBS fiel mit 46,9 nach 48,0 Punkten auf den zweittiefsten Stand seit sechs Jahren.
Die Regierung betrachtet die anhaltende Abkühlung mit Sorge. Die schwächelnde Konsumnachfrage soll mit einer Senkung der Verbrauchssteuer auf Pkws gestützt werden. Zur Diskussion steht eine Halbierung des aktuell geltenden Satzes von 10% auf 5%. Bereits 2016 hatte Peking auf diese Weise der Konjunktur auf die Sprünge geholfen. Weitere Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft könnten nach Andeutungen des Politbüros zusätzliche Einkommens- und Unternehmenssteuersenkungen und staatliche Ausgabenprogramme sowie weitere geldpolitische Impulse in Form von z.B. Mindestreservesatzsenkungen sein. Wir gehen davon aus, dass diese Schritte dazu beitragen, eine Verschärfung des konjunkturellen Abwärtstrends zu verhindern und mittelfristig eine Stabilisierung zu bewirken.
In der Eurozone haben die offiziellen BIP-Zahlen zum 3. Quartal die ohnehin niedrigen Erwartungen noch unterschritten. Im Vorjahresvergleich ist das Wachstum deutlich unter 2,0% gesackt. Dafür verantwortlich ist neben der anhaltenden Exportschwäche ein deutscher Sondereffekt: Aufgrund der Probleme mit den neuen Abgastests brach die Autoproduktion im vergangenen Vierteljahr um annähernd 10% ein. Daher muss sogar damit gerechnet werden, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in Q3 leicht geschrumpft ist. Im Schlussquartal 2018 ist für Deutschland und damit auch die Eurozone zwar eine technische Erholung zu erwarten. Anfang 2019 sollte das Expansionstempo aber wieder zurückfallen und das BIP-Wachstum nach unserer Prognose im 1. Quartal 2019 nur noch bei 1,3% liegen.
Primär verantwortlich für die Wachstumsverlangsamung ist weiterhin die Schwäche im Aussenhandel. Die Binnennachfrage bleibt bei stabilen europäischen Immobilien- und Arbeitsmärkten ein Stützfaktor. Eine Rezession stellt somit weiterhin lediglich ein Risikoszenario dar. Im Lauf des Jahres 2019 könnte es sogar wieder zu einer leichten Beschleunigung des Wachstums in der Eurozone kommen. Voraussetzung dafür ist aber, dass keiner der politischen Krisenherde (Brexit, Handelskrieg, italienischer Budgetstreit) eskaliert und es der chinesischen Regierung gelingt, die Wirtschaft des Landes nachhaltig zu stützen.
An den Aktienmärkten keimte nach dem rabenschwarzen Oktober Anfang November wieder Hoffnung auf. Donald Trump kündigte einen »grossartigen« Deal mit China an, damit wuchs zugleich die Zuversicht, dass am Ende bei Konflikten wie in Italien und im Zusammenhang mit dem Brexit die Vernunft siegen könnte.
Die Aktienbörsen setzten weltweit zu einer Erholungsrallye an, sichere Häfen wie Bundesanleihen und Treasuries mussten Federn lassen. Auch der Ölpreis verliert zusehends seine Zitterprämie.
Die schwachen Konjunkturdaten wurden von den Finanzmärkten ignoriert. Aber die Indizien für eine Fortsetzung der globalen Abkühlung haben sich weiter verdichtet. Das zeigt sich vor allem an der weltweiten Flaute bei den Exportaufträgen. Wenn die politische Entspannung anhält, könnten die Aktienmärkte zwar zunächst weiteren Rückenwind bekommen. Wir orientieren uns jedoch weniger am volatilen politischen Umfeld als am Konjunkturtrend – und der ist in der Eurozone eindeutig nach unten gerichtet. Entsprechend gehen wir davon aus, dass Risikoassets wieder unter Druck kommen, während die sicheren Häfen nochmals Zuspruch finden.
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