Analyse
14. Mai 2018

Investment Insight Mai 2018

Nach einem schwachen 1. Quartal dürfte die Wirtschaft in den USA und Europa im Frühjahr wieder anziehen. Doch diese Belebung wird kaum von Dauer sein, denn die weiter vorlaufenden Konjunkturindikatoren zeigen gedämpfte Wachstumsaussichten an, die auch die Aktienmärkte beeinträchtigen können.

Der Zickzackkurs beim US-Stellensaldo hat sich im April erwartungsgemäss fortgesetzt. Der Zuwachs lag mit 164.000 neuen Jobs über der Märzbilanz, aber dennoch unter den Erwartungen der Analysten. Da gleichzeitig die Zahlen vom Vormonat um rund 30.000 auf 135.000 nach oben korrigiert wurden, liegt die Gesamtbilanz für die zwei Monate sehr nahe an den Erwartungen. Überraschender war der erneut geringe Anstieg bei den Löhnen – mit einem Plus von 0,1% zum Vormonat verharrte die Jahresrate bei 2,6%. Die Arbeitslosenquote jedoch sank von 4,1% auf 3,9% und erreichte damit ein neues 17-Jahres-Tief. Inzwischen trennen sie nur noch zwei Zehntel von einem fast 50-jährigen Rekord.

Der gegenwärtig niedrige Lohndruck zeigt, dass vom Arbeitsmarkt aktuell nur geringe Inflationsgefahren ausgehen. Aber die immer tiefer sinkende Arbeitslosenquote spiegelt wachsende Engpässe wider, die früher oder später zu deutlicher steigenden Löhnen führen werden. In den kommenden Monaten dürfte sich die positive Arbeitsmarktentwicklung der zurückliegenden Quartale zunächst fortsetzen, weil die aktuellen Konjunkturbedingungen freundlich sind. Zum einen zeichnet sich beim privaten Konsum nach dem Durchhänger im 1. Quartal eine deutliche Wiederbelebung ab. Zum anderen fungieren die Unternehmensinvestitionen unverändert als Konjunkturmotor. Das BIP-Wachstum sollte sich entsprechend spürbar auf 3,0% bis 3,5% beleben (ausgehend von +2,3% in 1. Quartal).

Längerfristig jedoch sind die Belastungen durch den engen Arbeitsmarkt und durch die zuletzt deutlich gestiegenen Zinsen nicht zu unterschätzen. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen hat sich seit dem Zinstief Mitte 2016 mehr als verdoppelt, die der 2-jährigen T-Notes sogar verfünffacht. Gleichzeitig erwarten wir für das laufende Jahr drei weitere Zinsschritte von jeweils 25 Basispunkten. Neben den zinssensitiven Wohnbauinvestitionen der privaten Haushalte werden damit über kurz oder lang auch die Unternehmensinvestitionen durch verschlechterte Finanzierungskonditionen belastet werden. Der jüngste Rückgang des ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie von 59,3 auf 57,3 Punkte kann bereits als erstes Anzeichen einer Topbildung in der Investitionsdynamik gewertet werden. Gemäss unseren weiter vorauslaufenden Frühindikatoren sollte sich daraus im Lauf des 2. Halbjahres ein Abwärtstrend herausbilden.

In der Eurozone ist die Wachstumsdelle inzwischen amtlich: Das BIP-Wachstum hat sich im 1. Quartal 2018 im Vergleich zum Vorquartal auf +0,4% abgekühlt. In den fünf Quartalen zuvor hatte es noch jeweils bei +0,6% bis +0,7% gelegen. Auch die Jahresrate beim Wachstum ging entsprechend zurück (+2,5% nach +2,7%). Die Schwäche dürfte in allen Nachfragekomponenten sichtbar werden. Der grösste Unterschied zu den Vorquartalen zeichnet sich beim Aussenhandel ab. Nachdem dieser im 2. Halbjahr 2017 noch kräftig angeschoben hatte, sollte er im 1. Quartal 2018 keine Impulse geliefert haben.

Sonderfaktoren wie das Wetter, Streiks, Grippewelle und die frühe Lage von Ostern haben die Wachstumskräfte bekanntlich zu Jahresbeginn belastet. Deshalb wird es im laufenden Quartal auch zu einer technischen Erholung und einem BIP-Plus von +0,6% bis +0,7% kommen. Aber das Zwischenhoch kann nicht darüber hinwegtäuschen: Der Konjunkturtrend hat zu Jahresbeginn nach unten gedreht. Seit Januar fallen die Stimmungsindikatoren auf breiter Front. Das Expansionstempo lässt nach und unsere eigenen Frühindikatoren deuten kein Ende der Talfahrt an.

Es ist absehbar, dass die Impulse aus der Weltwirtschaft weiter nachlassen. In den USA und China hat die Geldpolitik die Trendwende vollzogen. Steigende Zinsen dämpfen die Auftriebskräfte am Immobilienmarkt. Grossbritannien spürt unterdessen die negativen Auswirkungen des Brexits immer deutlicher. Das Exportwachstum der Eurozone dürfte sich deshalb weiter abschwächen und damit die Investitionsanreize schmälern. Unser Basisszenario ist eine moderate Eintrübung des konjunkturellen Umfelds. Bleiben grössere Schocks wie ein anhaltender Handelsstreit mit den USA oder kräftige Einbrüche an den hoch bewerteten Finanzmärkten aus, dürfte das durchschnittliche Wachstum der Eurozone 2018 nochmals leicht über 2,0% und damit über dem Potentialwachstum liegen.

An den Finanzmärkten drehte sich zuletzt der Trend. Anders als im 1. Quartal stach die Eurozone die US-Märkte aus. In den USA haben die Bären durch die mehrheitlich enttäuschenden Konjunkturdaten Futter erhalten und dürften mittelfristig weiter Auftrieb erfahren. Der DAX dagegen kehrte dank der plötzlichen Euro-Schwäche über 12.800 Punkte zurück und befindet sich damit wieder oberhalb der 200-Tage-Linie. Aber die Europäischen Börsen sollten sich nicht zu sehr auf der nachgebenden Währung ausruhen. Denn die Euroschwäche der vergangenen Wochen ist nicht nur der häufig zitierten Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen zu verdanken – dieses Argument hätte schliesslich zwölf Monate lang gegen die vorherrschende Aufwertung gesprochen!

Wir sehen vielmehr weltweit gedämpfte Konjunkturaussichten, die sich üblicherweise in der Eurozone stärker negativ bemerkbar machen als in den USA. Deshalb ist Vorsicht geboten. Die Anleihenmärkte werden spiegelbildlich von den schwachen Konjunkturdaten profitieren. Hinzu kommen die zuletzt »enttäuschenden« Inflationszahlen – die EUR-Kerniniflation sank im April auf 0,7%. In der Folge bleibt der Ausstieg aus der ultraexpansiven EZB-Geldpolitik ein zäher Prozess. Wir gehen davon aus, dass die Anleihenkäufe zumindest bis Dezember auf kleiner Flamme (ca. 15 Mrd. EUR pro Monat) fortgeführt werden. Bundesanleihen, die bereits zuletzt positiv überrascht haben, bleiben somit bei Miniinflation und anhaltendem Niedrigzins aussichtsreich.

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