Analyse
12. Februar 2018

Investment Insight Februar 2018

Der »zu« gute US-Arbeitsmarktbericht hat Zinsängste geschürt, die Anleihenrenditen zogen in den USA und Europa deutlich an. Damit kehrte auch die Volatilität an den Aktienmärkten zurück. Mittelfristig sollten Anleger vor allem auf Zeichen einer Konjunkturabschwächung achten.​

Der US-Arbeitsmarktbericht für Januar hielt gleich mehrere Überraschungen bereit. So lag die Zahl der neuen Stellen mit 200.000 deutlich über den Prognosen (180.000) und über dem Vormonatsplus (160.000). Noch mehr fiel aber die Belebung beim Lohnwachstum auf: Die Jahresrate stieg im Januar auf 2,9% nach oben (nach 2,7%). Das ist die größte Steigerungsrate seit der Rezession im Jahr 2009. Plötzlich ist ein klarer Aufwärtstrend beim Lohnwachstum auszumachen. Das sorgt für einen zunehmenden Inflationsdruck und schiebt gleichzeitig mittels steigender Haushaltseinkommen den privaten Konsum und damit das BIP-Wachstum an.

Zudem wird die US-Wirtschaft derzeit durch die Belebung der Investitionstätigkeit angetrieben. Sie hatte nach der Investitionsschwäche in den Jahren 2015/2016 schon im Vorjahr eingesetzt. Aber jetzt könnte sie stärker ausfallen als bislang angenommen – getrieben durch die Steuerreform. Immer mehr Unternehmen kündigen öffentlichkeitswirksam an, ihre Kapitalausgaben als Reaktion auf die steuerlichen Anreize zu erhöhen. Sollten sich dahinter nicht nur ohnehin geplante Ausgaben, sondern echte zusätzliche Projekte verbergen: Das BIP-Wachstum könnte mit diesem Extraschub 2018 unsere bisherige Prognose von 2,8% übertreffen und die 3,0%-Marke erreichen. Dafür spricht auch der ISM-Einkaufsmanagerindex der Industrie. Er liegt mit 59,1 Punkten weiterhin nahe seinem langjährigen Höchststand.

Kräftiges Wachstum gibt es weiterhin auch in der Eurozone. Nach jeweils 0,7% im 2. und 3. Quartal legte das BIP im Schlussquartal 2017 mit 0,6% (im Vergleich zum Vorquartal) nur unwesentlich schwächer zu. Möglicherweise wird diese Zahl wie in den Vorquartalen noch um ein Zehntel nach oben korrigiert. So oder so: Für die Eurozone war 2017 mit einem BIP-Anstieg von 2,5% (im Vergleich zu 2016) das erfolgreichste Jahr seit der Finanzkrise von 2008/2009. Konsum-, Investitions- und Exportnachfrage befinden sich derzeit gleichzeitig im Aufwind.

Alle wichtigen Länder liefern ihren Beitrag. Während Spaniens Wirtschaft etwas an Outperformance verliert, hat Frankreich mit einem BIP-Anstieg von 0,6% im 4. Quartal erneut überzeugt und etabliert sich damit immer stärker im Mittelfeld der Eurozone. Vor allem die Investitionsnachfrage der französischen Unternehmen zog im Gesamtjahr 2017 um mehr als 4,0% an. Dieser Erfolg dürfte allerdings noch wenig mit dem Reformeifer des neuen Präsidenten zu tun haben. Vielmehr profitiert die zweitgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion von der weltwirtschaftlichen Belebung und erntet auch die Früchte der Vorgängerregierung, die den Höhenflug der Lohnnebenkosten beendete. Heute liegen die französischen Lohnnebenkosten 2% unter dem Niveau von 2012. In Deutschland sind sie dagegen im gleichen Zeitraum um 14% gestiegen. So konnten sich die seit 2009 stark unter Druck geratenen Gewinnmargen der französischen Unternehmen wieder erholen. Frankreich gehört zudem zu den größten Gewinnern der expansiven Geldpolitik der EZB. Nirgendwo sonst in der Eurozone vergeben die Banken so bereitwillig Kredite zu attraktiven Konditionen. Seit Ende 2013 nahm das an Unternehmen ausgereichte Kreditvolumen um 16% zu, während es in der Eurozone stagnierte.

Insgesamt dürfte sich das Wachstum in der Währungsunion im 1. Quartal 2018 nochmals beschleunigen. Signale dafür geben u.a. der zyklische Höchststand beim Composite-Einkaufsmanagerindex, das Allzeithoch bei der IFO-Lageeinschätzung und der kräftige Aufwärtstrend bei den deutschen Auftragseingängen. Jedoch mischten sich unter die erfreulichen Konjunkturdaten zuletzt auch einige Enttäuschungen. So ging in der neuesten Umfrage der EU-Kommission unter 70.000 Unternehmern und Verbrauchern das »Wirtschaftsvertrauen« in der Eurozone auf 114,7 Punkte zurück (nach 115,3 Punkten). Das ist wenig dramatisch, steht aber im Einklang mit unserer Einschätzung, dass im laufenden Quartal der Hochpunkt bei den Stimmungsindikatoren durchschritten wird. Entsprechend gehen wir davon aus, dass sich das Expansionstempo der Eurozone ab dem 2. Quartal verlangsamt.

Der gute US-Arbeitsmarktbericht hat an den Börsen weltweit eine Verkaufslawine losgetreten. Die Aktienindizes büßten binnen kürzester Zeit bis zu 13% ihres Wertes ein. An den Anleihenmärkten zogen parallel dazu die Risikoprämien von Corporates an. Börsianer fürchten eine Zeitenwende. Über Jahre wurden sie vom Idealszenario einer guten Konjunkturentwicklung ohne jeglichen Inflationsdruck und mit lockerer Zentralbankpolitik verwöhnt. Dieses Zeitalter scheint nun mit anziehenden Renditen am amerikanischen und europäischen Zinsmarkt zu Ende zu gehen.

Steigende Zinsen sind für die Aktienmärkte grundsätzlich kein Problem, kräftig steigende Zinsen allerdings schon. Die Bewertungsrelationen ändern sich dann abrupt, Aktienrückkäufe verteuern sich, die Liquidität als Lebenselixier wird knapper. In der Folge wächst die Nervosität an den Märkten und damit explodiert die Volatilität – so wie in den zurückliegenden Tagen. War diese Panikattacke nur ein Ausrutscher oder der Beginn eines neuen Zeitalters mit steigenden Zinsen und fallenden Aktien? Keins von beiden! Wir sehen keinen Grund für einen Leitzinsgalopp, weil die konjunkturellen Auftriebskräfte bald abnehmen werden. Die Zinsangst wird sich legen, die Renditen von Bundesanleihen dürften wieder zurückgehen. Das bedeutet aber keine dauerhafte Entwarnung für die Aktienmärkte. Bei schwächerer Konjunktur bleiben sie anfällig.

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