Analyse
10. Dezember 2018

Investment Insight Dezember 2018

Die US-Wirtschaft bleibt weiterhin auf Expansionskurs. In der Eurozone dagegen schwächeln die Zugpferde Deutschland und Frankreich zusehends. Vor allem Frankreich droht durch die aktuellen Proteste ein massiver Einbruch beim Konsum.

Die US-Wirtschaft bleibt robust: Auch nach der ersten planmässigen Revision durch das Statistikamt ist das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Quartal mit 3,5% kräftig gewachsen. Leicht verändert präsentiert sich nach den neuen Zahlen allerdings die Struktur. Demnach lieferten der private Konsum und die Staatsausgaben etwas kleinere Impulse als bislang angenommen. Im Gegenzug schnitten die Unternehmensinvestitionen besser ab und der Lageraufbau fiel noch kräftiger als erwartet aus. Die Ausgangslage für das laufende Quartal hat sich mit dieser Entwicklung geringfügig verschlechtert. Denn der Spielraum für eine weitere Ausweitung der Lagerbestände, und damit zusätzliche Impulse für das BIP-Wachstum im 4. Quartal, fällt kleiner aus.

Abgemildert wird dieser Effekt jedoch durch die neusten Daten zum privaten Verbrauch. Hier überraschten die realen Konsumausgaben im Oktober mit einem kräftigen Plus von 0,4%. Wichtige Stütze des privaten Konsums ist die weiterhin erfreuliche Entwicklung des US-Arbeitsmarktes. Das belegt die jüngste Verbrauchervertrauensumfrage des Wirtschaftsforschungsinstituts Conference Board für November. Zwar gab der Gesamtindex nach einem 18-jährigen Höchststand im Oktober leicht nach. Die Möglichkeiten, einen neuen Job zu finden, aber werden von den US-Bürgern inzwischen so günstig eingeschätzt wie zuletzt 2001.

Gleichzeitig ist bei den Unternehmensinvestitionen zunächst mit einer allenfalls graduellen Abschwächung zu rechnen. Gestützt wird diese Einschätzung durch die Gewinndaten zum 3. Quartal. Das Wachstum der Unternehmensüberschüsse hat sich weiter beschleunigt. Die Investitionsschwäche im vergangenen Quartal scheint daher noch nicht den Beginn einer übergeordneten Abkühlung zu markieren. Somit spricht viel dafür, dass das Wirtschaftswachstum kurzfristig robust bleibt, bevor ausklingende staatliche Stimuli und schlechtere Finanzierungskonditionen 2019 eine deutlichere Abschwächung bewirken.

Anders als in den USA ist und bleibt die Stimmung in Europa schlecht. In Deutschland fiel nach der enttäuschenden Einkaufsmanagerumfrage auch das Ergebnis der IFO-Erhebung ernüchternd aus: Das IFO-Barometer sank von 102,9 auf 102,0 Punkte, der zyklische Tiefststand vom Juli (101,9 Punkte) wurde nur knapp verfehlt. Damals hatte die Furcht vor US-Autozöllen einen Höhepunkt erreicht. Inzwischen ist die Stimmung wieder auf dem nahezu gleichen Niveau angelangt, ohne dass bislang Strafzölle verhängt wurden.

Die Geschäftserwartungen (98,9 nach 99,9 Punkten) sanken noch stärker als die Lageeinschätzung (105,4 nach 106,1 Punkten). Während das ­Geschäftsklima des Dienstleistungsgewerbes stabilisierend wirkte, ist der IFO-Index der Industrie auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Jahren gesunken. Auch hier sind die Geschäftserwartungen die treibende Kraft. Innerhalb der Industrie war bis in das 3. Quartal der Fahrzeugbau besonders schwach. Inzwischen ist die Bewegung auf breiter Front abwärtsgerichtet. Selbst in der Computerbranche, die lange Zeit gegen den Strom schwamm, hat sich der Geschäftsausblick zuletzt spürbar eingetrübt. Alles in allem ist die Botschaft von EMI und IFO identisch: Der zyklische Schwung hat im 4. Quartal weiter nachgelassen.

Am deutschen Arbeitsmarkt ist von der konjunkturellen Abkühlung bislang noch wenig zu spüren. Die saisonbereinigte Erwerbslosenzahl sank im November erneut um 16.000, die Arbeitslosenquote erreichte mit 5,0% ein neues Rekordtief im wiedervereinigten Deutschland.

Allerdings stagnierte zuletzt der Bestand an offenen Stellen auf hohem Niveau (laut Bundesagentur bei rund 800.000). Die Zugänge an Arbeitsangeboten sind sogar rückläufig. Dies wird sich früher oder später auch in abnehmenden Beschäftigungszuwächsen niederschlagen. Mit Blick voraus bahnt sich daher am deutschen Arbeitsmarkt raueres Fahrwasser an. In der Eurozone hat sich der Rückgang der Arbeitslosenquote bereits verlangsamt. Schon jetzt ist die höhere Beschäftigung nur noch ein geringer Stützfaktor des Konsumklimas. Seit Ende 2017 schwächelt der private Verbrauch in der Eurozone. In Deutschland und Frankreich übertraf er im 3. Quartal das Vorjahresniveau gerade einmal um 0,8%. Ein Grund dafür sind die im Vergleich zum Vorjahr um rund 10% gestiegenen Energiepreise.

Zwar sind die Ölpreise im Herbst deutlich gesunken, was für eine gewisse Entlastung sorgen dürfte. Aber in Frankreich wird dieser Effekt durch die aktuellen Proteste der sogenannten »Gelbwesten« überkompensiert. Ihr Protest richtete sich zunächst gegen steigende Mineralölpreise, drückt aber inzwischen allgemeine Unzufriedenheit aus. Die »Gelbwesten« blockieren seit Mitte November wichtige Verkehrsadern und bauen in zahlreichen Städten Sperren auf. Einige Geschäfte können gar nicht mehr erreicht werden, viele Menschen trauen sich kaum aus dem Haus. In Teilen Frankreichs erwartet der Einzelhandel Umsatzeinbussen von bis zu 35%. Dazu korrespondiert, dass sich das französische Verbrauchervertrauen massiv eingetrübt hat. Die Konsumenten blicken vor allem weniger optimistisch in die Zukunft. Hier spiegelt sich die Angst vieler Franzosen vor weiteren Kaufkrafteinbussen durch Steuererhöhungen und steigende Inflation wider. Alles in allem lassen die genannten Entwicklungen erkennen, dass eine kurzfristige Erholung der Konjunktur in der Eurozone nicht zu erwarten ist. Vielmehr bleibt der Ausblick vorerst trübe. Das Wachstum der Währungsunion dürfte auch Anfang 2019 lediglich bei gut 1,0% liegen.

Der Inflationsprozess der Eurozone ist ebenfalls ins Stocken geraten. Laut der ersten Schätzung von Eurostat sank die jährliche Teuerungsrate im November von 2,2% auf 2,0%. Parallel fiel die Kerninflation (ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel) von 1,1% auf 1,0%. Trotz stärker anziehender Löhne sollte die Kerninflation auch Ende 2019 nur bei 1,3% bis 1,4% liegen. Für die EZB wird das Konjunktur- und Inflationsumfeld damit zusehends ungemütlich. Die geplante Beendung des QE-Programms zum Jahresende dürfte sie deswegen zwar nicht aufschieben. Dafür wird sie jedoch umso mehr beim Zinsausblick sanfte Töne anschlagen und zu erkennen geben, dass steigende Leitzinsen ab Herbst 2019 keineswegs sicher sind.

Die Finanzmärkte richteten ihren Blick zuletzt nach Buenos Aires. Die Annäherung im Handelsstreit zwischen China und den USA beflügelte die Aktienmärkte. Rückenwind kam aber auch von der US-Zentralbank. Sie betonte, dass die Zeit »automatischer« Zinserhöhungen bald vorbei ist. Die Aktienmärkte in den USA werteten dies als Hinweis auf eine langsamere Gangart bei den geldpolitischen Straffungen und zogen an. Auftrieb erhielten auch die Börsen der Emerging Markets, die zuletzt unter den US-Zinserhöhungen spürbar gelitten hatten. In unseren Augen sind die Geldterminmärkte indes inzwischen zu optimistisch. Wir rechnen weiterhin 2019 mit zwei zusätzlichen Zinsschritten, bevor die Fed eine Pause einlegt. Kurzfristig besteht daher das Risiko steigender US-Renditen, bevor der Trend im Laufe des Jahres 2019 deutlicher nach unten dreht.

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