Medienspiegel
25. Juni 2018

Finanzmärkte weisen populistische Politik in die Schranken

Ob in den USA, Italien oder Deutschland, in vielen Ländern der Welt befindet sich aktuell der Populismus im Aufwind. Einzig die Finanzmärkte scheinen dieser Strömung etwas entgegensetzen zu können. So haben die explodierenden Risikoaufschläge italienischer Staatsanleihen und der Absturz der türkischen Lira die Politik zumindest ansatzweise in die Schranken verwiesen. Auch Trump könnte durch die Finanzmärkte auf den Boden der Realität zurückgeholt werden. Allerdings wären dazu heftige Kursstürze vonnöten. Sollte der US-Präsident die Drohkulisse nicht bald von sich aus reduzieren, steht den Aktienmärkten somit grösseres Ungemach bevor.

Migrationsstreit, Handelsstreit, Haushaltsstreit – an kontroversen gesellschaftlichen Diskussionen besteht derzeit kein Mangel. Ein politisches Sommerloch ist angesichts dieser Fülle an Konflikten gegenwärtig nur schwer vorstellbar. Bedauernswert ist aber vor allem, dass bei all diesen Themen populistische Strategien zum Machterhalt eine grosse Rolle spielen.

So stellt in den USA Donald Trump mit seinem protektionistischen Feldzug auf die Kongresswahlen im Herbst ab, bei dem seine republikanische Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren droht. In Deutschland sind es die Landtagswahlen in Bayern, die einige Hardliner in der Politik dazu verleiten, sich einmal mehr der Angst vor dem Fremden zu bedienen. In die gleiche Richtung geht es in Italien, wo u.a. der Lega-Chef nationalistische Ressentiments bedient und dabei auch die Konfrontation mit den Stabilitätsprinzipien der Währungsunion nicht scheut.

Auf den politischen Bühnen der betroffenen Länder gelingt es derzeit keiner Partei oder keiner Persönlichkeit, diesen populistischen Strömungen wirkungsvoll entgegenzutreten. Als eine der letzten Hoffnungen verbleiben damit ausgerechnet die Finanzmärkte, die schon oft wegen ihrer heftigen, vermeintlich irrationalen Kursausschläge verteufelt wurden. Aber immerhin haben hier einige der jüngsten Kapriolen die populistischen Eiferer zumindest ansatzweise in die Schranken verwiesen. So z.B. die innerhalb kürzester Zeit in die Höhe geschossenen Risikoaufschläge italienischer Staatsanleihen auf Niveaus, die zuletzt im Zuge der Eurokrise vor sechs Jahren erreicht wurden.

Ähnlich verhielt es sich in der Türkei. Die absurden Vorstellungen des Staatspräsidenten über grundlegende volkswirtschaftliche Zusammenhänge und das Vorhaben, die Zentralbank an die politische Kandare zu nehmen, liess die Währung abstürzen. Nachdem Mitte April Neuwahlen ausgerufen worden waren, die das Staatsoberhaupt nach der vollzogenen Verfassungsreform mit bisher nie dagewesener Macht ausstatten, hat die türkische Lira um bis zu 23% an Wert verloren (gegenüber USD). Die daraus resultierenden Inflationsgefahren und die wachsenden Risiken, Auslandsschulden nicht mehr bedienen zu können, sorgten jedoch schliesslich für ein Einlenken des Präsidenten – die Unabhängigkeit der Notenbank wird von ihm immerhin nicht mehr öffentlich angezweifelt.

Stellt sich die Frage, ob auch Donald Trumps protektionistische Allüren durch die Finanzmärkte in Schach gehalten werden können. Ein erstes Aufbäumen war hier in den zurückliegenden Tagen zu beobachten. Nachdem das Weisse Haus Anfang vergangener Woche überraschend weitere Zölle auf Importe aus China im Umfang von bis zu 400 Mrd. USD angekündigt hatte (fast die gesamten Einfuhren aus dem Reich der Mitte würden dann mit Zöllen belegt), gingen die Aktienmärkte weltweit auf Tauchstation.

Damit aber die disziplinierende Wirkung der Finanzmärkte namhaft zur Geltung kommt, müssen die Kursbewegungen noch viel heftiger ausfallen. Erst wenn Aktien-, Anleihen- und Devisenmärkte die destruktiven Wirkungen der Abschottungspolitik vollumfänglich vorwegnehmen, werden dadurch der populistischen Politik wirkungsvoll die Grenzen aufgezeigt. Die Disziplinierung durch die Finanzmärkte als letztes verbliebenes Korrektiv kann also nicht schmerzfrei verlaufen. Sollte Trump nicht von selbst die Drohkulisse reduzieren und auf einen vernünftigen aussenwirtschaftlichen Kurs einschwenken, steht den Aktienmärkten folglich neues Ungemach bevor. Das Fahrwasser, das ohnehin schon von der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Abschwächung aufgewühlt wird, wird dann noch rauer.