Kommentar
5. Februar 2018

Die Party an den Finanzmärkten wird bald eine Pause machen

Nach einem enttäuschenden Jahresauftakt mit weiteren Kursrutschen an den Aktienbörsen und einem Renditesprung bei Anleihen folgte zunächst eine starke Gegenbewegung. In der vergangenen Woche gaben die grossen Aktienindizes jedoch erneut spürbar nach. Ist die Party jetzt vorbei? »Zunächst, ja«, sagt Dr. Harald Preißler, Leiter Anlagemanagement des Asset Managers Bantleon.

»Zwar dürfte das günstige Umfeld in den kommenden Wochen noch erhalten bleiben, die Warnzeichen für die Zeit danach nehmen jedoch bereits jetzt zu.« Während der Konsensus die Trends des vergangenen Jahres mehr oder minder fortschreibt, rechnet Preißler mit grösseren Einschlägen an den Aktienmärkten (Drawdown von -15%), ohne deswegen das Ende des Aufwärtstrends auszurufen. »Sollte sich die bevorstehende konjunkturelle Delle tatsächlich als temporäres Phänomen entpuppen, steht einer Fortsetzung der Hausse im späteren Jahresverlauf nichts im Weg.«

Was für ein Wechselbad an den Finanzmärkten: Der Jahresauftakt 2018 fiel zunächst ins Wasser. Ein weiterer Kursrutsch an den Aktienbörsen und obendrauf ein Renditesprung bei Anleihen rüttelten die Anleger gleich am ersten Handelstag des Jahres mit lautem Getöse wach. Darauf folgte jedoch statt der Kapitulation eine Trotzreaktion mit einer starken Gegenbewegung. Und in der vergangenen Woche gaben die grossen Aktienindizes erneut spürbar nach. Ist die Party jetzt vorbei? Die Antwort lautet: zunächst.

Mit dieser unklaren Antwort will ich mich nicht vor einer eindeutigen Aussage drücken, aber das Jahr 2018 wird wohl zwiespältig ausfallen. Für steigende Notierungen an den Finanzmärkten spricht die global anhaltend starke Konjunktur – vor allem die in den USA, die vom Geldregen der Trump´schen Steuerreform einen zusätzlichen Schub erhalten hat.

Dennoch dürfte die Partylaune schon bald zu Ende sein, denn bekanntermassen sind Anleger gnadenlos ungeduldig. Weiter steigende Aktiennotierungen setzen voraus, dass sich der Trend positiver Konjunkturüberraschungen fortsetzt. Nur so lassen sich immer neue Investoren zum Einstieg oder zum Aufstocken von Risikopositionen motivieren. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass bereits Stagnation mit Rückschritt gleichzusetzen ist – und genau das bleibt unser Basisszenario für das Jahr 2018.

Bewertungen enthalten ein enormes Mass an Erwartungen und Hoffnungen

Zwar dürfte das günstige Umfeld in den kommenden Wochen noch erhalten bleiben, die Warnzeichen für die Zeit danach nehmen jedoch bereits jetzt zu: etwa der Rücksetzer in den IFO-Geschäftserwartungen, das nachlassende Wachstum der Geldmenge M1, die Stagnation des Composite Leading Indicators, den die OECD für die Eurozone ermittelt – und unsere eigenen, noch weiter vorausschauenden Frühindikatoren. Hinzu kommt eine auf Wochenbasis beispiellos überkaufte Markttechnik an sämtlichen Börsenplätzen. Nicht zu vergessen die euphorische Stimmung vieler Anleger. Der AAII-Umfrage zufolge ist der Anteil der US-Aktienbullen auf den höchsten Stand seit Dezember 2010 gestiegen, während der Anteil der Bären so tief ist, wie seit 2005 nicht mehr. Deshalb werden positive Überraschungen zunehmend unwahrscheinlich.

Das bedeutet, dass ein enormes Mass an Erwartungen und Hoffnungen in den aktuellen Börsenbewertungen und den Risikoprämien von Unternehmensanleihen eingepreist ist. Gleichzeitig hat sich in den vergangenen Monaten das globale Investmentumfeld gewandelt: Staatsanleihen haben an Attraktivität gewonnen, vor allem kurz laufende US-Treasuries. 2-jährige Schatzanweisungen rentieren über 2%, 5-jährige bei 2.50%. Das ist natürlich immer noch nicht üppig und schon gar nicht mit den Niveaus früherer Zeiten vergleichbar. Dennoch drängt sich die Frage auf, wie sich Anleger verhalten werden, wenn die massgeblichen Konjunkturbarometer in den Konsolidierungsmodus übergehen. Dann werden Gewinnmitnahmen einsetzen und Umschichtungen in sichere Staatsanleihen zunehmen.

Deswegen gehen wir davon aus, dass 2018 anders verlaufen wird als 2017 – im Unterschied zum Konsensus, der die Trends des vergangenen Jahres mehr oder minder fortschreibt. Stattdessen rechnen wir mit grösseren Einschlägen an den Aktienmärkten (Drawdown von -15%), ohne deswegen das Ende des Aufwärtstrends auszurufen. Sollte sich die bevorstehende konjunkturelle Delle tatsächlich als temporäres Phänomen entpuppen, steht einer Fortsetzung der Hausse im späteren Jahresverlauf nichts im Weg.

Die Anleihenmärkte dürften von diesem Umfeld profitieren. Deshalb stimmen wir nicht in den deutlich zu vernehmenden Abgesang auf die sicheren Häfen ein. Zwar dürfte die von uns erwartete Beschleunigung der Inflation durchaus zu zwischenzeitlichen Renditeanstiegen führen. Per Saldo rechnen wir aber im 1. Halbjahr mit anhaltend tiefen Renditen Schweizer Eidgenossen. Lange Laufzeiten könnten dann auch wieder spürbar unter die Nulllinie rutschen.

Die Konjunktur gibt den Takt vor: Im 1. Halbjahr 2018 dürften die Aktienmärkte abtauchen

Quellen: Bloomberg, Bantleon

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