Analyse
25. Januar 2018

Die Märkte verstehen Mario Draghi nicht!

Anders als erwartet nahm die EZB im Rahmen des heutigen Notenbanktreffens keinerlei Änderungen an der Forward Guidance vor. Stattdessen bekräftige Mario Draghi ausdrücklich in allen Facetten die expansive Ausrichtung. Zugleich zeigte sich der Notenbankpräsident besorgt über die jüngste Wechselkursentwicklung, die den Aufwärtstrend der Inflationsraten bedrohe. Diese Botschaft kam an den Märkten indes bislang nicht an.

Mario Draghi hat im Rahmen des heutigen Notenbank-treffens der EZB nichts unversucht gelassen, um den Euro schwach zu reden. Die Botschaft ist jedoch an den Finanzmärkten – zumindest bislang – nicht angekommen. Der EUR/USD-Kurs stieg in einer ersten Reaktion von 1,24 auf 1,25 (neues 3-Jahres-Hoch).

Noch vor einer Woche sah es nicht nach einer dovishen Pressekonferenz Mario Draghis aus. Das EZB-Protokoll der Dezembersitzung legte vielmehr nahe, dass die Währungshüter dicht davorstanden, Teile ihrer Forward Guidance zu lockern und damit dem verbesserten wirtschaftlichen Umfeld Rechnung zu tragen. Insbesondere wurde auf Hinweise spekuliert, die auf ein baldiges Ende des QE-Programms schliessen lassen.

Davon war aber letztendlich nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil, der EZB-Rat hielt an der Formulierung fest, dass die Anleihenkäufe im Notfall nochmals verlängert und aufgestockt werden könnten. Ganz besonders lag Draghi darüber hinaus der Zinsausblick am Herzen. Mehrfach unterstrich er, dass die erste Leitzinsanhebung erst deutlich nach dem Auslaufen des QE-Programms erfolgen werde. Am Ende liess er sich sogar zur Aussage hinreissen: In diesem Jahr sei eine Leitzinserhöhung äusserst unwahrscheinlich.

Passend zu diesen Einschätzungen vollzog die EZB bei der Bewertung des makroökonomischen Umfelds eine Rolle rückwärts. Wurde im Dezember noch überschwänglich die überraschend erfreuliche Konjunkturbelebung gefeiert und die nachhinkende Inflationsentwicklung klein geredet, war es dieses Mal genau umgekehrt. Der Notenbankpräsident hob hervor, dass es in den vergangenen Monaten keine Fortschritte bei der Preisentwicklung gegeben hätte. Es fehle entsprechend das Vertrauen in einen klaren Aufwärtstrend der Inflation. Darauf komme es aber letztendlich an. Im Zentrum der EZB steht schliesslich nicht die Konjunktur, sondern das Erreichen des Inflationsziels.

Zusätzliche Zweifel an der erhofften Reflationierung schürt überdies die jüngste Wechselkursbewegung (in den vergangenen Monaten wertete der Euro gegenüber dem USD um 18% auf). Es wurde daher in das offizielle Statement ein Passus eingefügt, der die Sorge um die jüngste Volatilität des Eurokurses zum Ausdruck bringt. Für die EZB ist dies bereits ein sehr weitreichender Schritt – normalerweise üben die Währungshüter beim Thema Wechselkurs Stillschweigen.

Draghi setzte aber sogar noch eins drauf, indem er scharfe Kritik am US-Finanzminister übte, der im Rahmen des WEF-Jahrestreffens in Davos, die USD-Schwäche ausdrücklich begrüsste. Solche Aussagen stünden nicht im Einklang mit internationalen Abkommen und würden einen Abwertungswettlauf schüren. Mache diese Haltung Schule, müsste die EZB sogar überlegen, ihre Strategie anzupassen und ihrerseits Massnahmen ergreifen, um den Euro zu schwächen.

All dies fand aber an den Finanzmärkten (bislang) nur wenig Wiederhall. Die Akteure störten sich offensichtlich daran, dass Draghi nur die Volatilität nicht aber das Niveau des Wechselkurses als besorgniserregend ansah.

Unabhängig von der kurzfristigen Reaktion der Finanzmärkte, kann man jedoch folgendes Fazit ziehen: Die EZB ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bereit, von ihrer ultraexpansiven Ausrichtung abzurücken. Sorge bereiten nach wie vor die tiefen Inflationszahlen. Die Notenbanker wollen daher auf keinen Fall eine Verschärfung der Finanzierungskonditionen riskieren. Die Währungshüter werden sich entsprechend mit der Anpassung der Forward Guidance Zeit lassen.

Die Entscheidung über die Verlängerung des QE-Programms wird folglich eher später als früher getroffen. Wir gehen davon aus, dass die Festlegung erst im Juni (und nicht bereits im März) erfolgen wird. An unserer Einschätzung, dass die Anleihenkäufe im September eingestellt werden und die erste Leitzinsanhebung im Frühjahr 2019 erfolgt, halten wir unverändert fest.

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