Kommentar
28. Mai 2018

Das politische Umfeld verstärkt die konjunkturellen Abwärtsrisiken

Der Konjunktur der Eurozone geht immer mehr die Puste aus. Die jüngsten politischen Unruhen kommen daher zur Unzeit. Die Handelsstreitigkeit der USA sind unübersichtlich und stellen einen globalen Belastungsfaktor dar. In Italien scheint kein Weg mehr an einer eurokritischen Regierung vorbeizuführen und in Spanien läuft es ebenfalls auf Neuwahlen hinaus. Die Zeiten sind mithin in vielfältiger Weise unruhig. Vor dieser Kulisse bleiben wir skeptisch gegenüber Risikoassets.

Der konjunkturelle Abwärtstrend in der Eurozone hat sich im Mai fortgesetzt. Die Einkaufsmanagerindikatoren sind erneut gefallen und nähern sich allmählich der 50-Punkte-Marke an. Das IFO-Barometer stabilisierte sich zwar dank der Lagekomponente, die Geschäftserwartungen haben sich indessen bereits zum sechsten Mal in Folge eingetrübt. Wir sehen uns daher in der Einschätzung bestätigt, dass die Wachstumsverlangsamung im 1. Quartal 2018 kein einmaliger Ausrutscher war, sondern den Beginn einer neuen Phase tieferen Wachstums darstellt. In diesem Umfeld kommen die zunehmenden politischen Risiken äusserst ungelegen.

Zunächst ist der Handelsstreit zwischen den USA und der EU zu nennen. Im Bereich Stahl und Aluminium pochen die USA weiterhin auf Importkontingente, worauf sich die EU aber nicht einlassen will. Eine Einigung scheint somit mehr als ungewiss. Kommt es bis Donnerstag zu keinem Durchbruch, werden die Strafzölle auf Stahl und Aluminium gegenüber der EU wirksam, worauf die Europäer aller Voraussicht nach mit den angekündigten Gegenmassnahmen reagieren (Zölle auf Motorräder, Whiskey, Jeans etc.). Es braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass damit zugleich die Trump’sche Drohung mit Importzöllen auf Autos zusätzlich an Brisanz gewinnt.

Die USA kämpfen aber noch an anderen Fronten. Bei den NAFTA-Verhandlungen drängt die Zeit ebenfalls (wegen der anstehenden Wahlen im US-Kongress und in Mexiko). Die Vertragsparteien dürften sich bestenfalls auf kleine Modifikationen einigen – der Konflikt schwelt damit im Hintergrund weiter. Aber auch ein Scheitern der Gespräche ist möglich. Schliesslich ist der Handelskrieg mit China nur auf Eis gelegt. Sollte sich China im Endeffekt bereit erklären, mehr Güter aus den USA zu importieren, ginge dies zu Lasten der übrigen Handelspartner (aus Asien und Europa). Insgesamt besteht in allen Handelsfragen noch grosse Unsicherheit – für Investitionsentscheidungen alles andere als ein optimales Umfeld.

Im Unterschied zu Zöllen wirken sich die politischen Unruhen in Italien und Spanien nicht unmittelbar negativ auf die Wirtschaft aus. Über die Bewegung der Risikoprämien haben sie aber einen indirekten Einfluss. Vorerst scheint in Italien das Schlimmste abgewendet. Die Bildung einer Regierung der populistischen und eurokritischen Kräfte scheiterte in letzter Minute an der Nominierung des Finanzministers. Diese unerwartete Wendung hat in einer ersten Marktreaktion zu einem Aufatmen geführt. In der Ferne lauert aber bereits das nächste Problem. Es läuft in Italien auf Neuwahlen hinaus und die nach wie vor mit dem Euro-Austritt liebäugelnde Lega befindet sich laut Umfragen im Aufwind. Die nächste potentielle Regierung dürfte also erneut grosse Sprengkraft für die Währungsunion besitzen.

Plötzlich ist aber auch Spanien wieder in den Fokus gerückt. Die Lawine ins Rollen brachte ein Gerichtsurteil, das einen riesigen Korruptionsskandal innerhalb der regierenden Partido Popular (PP) aufdeckte. Die bislang mit der PP kooperierende Ciudadanos ist daraufhin von ihrem Bündnispartner abgefallen. Ein Sturz der Regierung Rajoy scheint nicht mehr abwendbar. Neuwahlen könnten hier zwar der marktfreundlichen Ciudadanos zum Sieg verhelfen. Sicher ist das aber noch lange nicht. Die Ausmasse des aufgedeckten Korruptionsskandals und die anhaltende politische Unsicherheit werfen auch auf Spanien kein allzu positives Bild.

Fazit: Die politischen Unruhen verstärken den zyklischen Abwärtstrend in der Eurozone. Die Gefahr von nachhaltigen Spreadausweitungen und Kursrückschlägen an den Aktienmärkten bleibt damit hoch.

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