Fed: Weitere Zinssenkung alles andere als ausgemacht

Die Fed hat im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung zum zweiten Mal nacheinander die Geldpolitik gelockert. Für Dezember ließ Jerome Powell aber alles offen und stellte sich damit bewusst gegen den aktuellen Marktkonsensus. In unserem Basisszenario rechnen wir mit einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte und damit einem Tiefpunkt des Leitzinssenkungszyklus bei 3,50% bis 3,75%. An den Geldterminmärten ist indes bis zum Jahresende ein Leitzins von unter 3,00% eingepreist.

Fed agiert trotz Government Shutdown

Die Fed hat im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung erwartungegmäß zum zweiten Mal nacheinander den Leitzinskorridor um 25 Basispunkte abgesenkt: von 4,00% bis 4,25% auf 3,75% bis 4,00%. Die Begründung der Entscheidung war die gleiche wie beim letzten Mal: Die Arbeitsmarktrisiken würden weiter zunehmen, im Gegenzug die Inflationsrisiken tendenziell abnehmen. Im Rahmen der Pressekonferenz führte Jerome Powell sogar aus, dass die Inflation unter Ausklammerung des Zolleffekts nicht mehr weit weg von der 2,0%-Marke liegen würde. In Anbetracht dessen sei es angemessen, die Leitzinsen noch stärker an ein neutrales Niveau heranzuführen, das die meisten Fed-Mitglieder in der Nähe von 3,00% bis 3,50% sehen. 

Die spärliche Datenverfügbarkeit wegen des Governmet Shutdwons spielte Powell herunter. Dies würde zwar die detaillierte makroökonomische Analyse erschweren, die Fed aber nicht an geldpolitischen Entscheidungen hindern. Es seien genügend alternative Datenquellen (z.B. von privaten Anbietern oder dem Beige Book) vorhanden. Die Notenbanker sehen sich daher dazu in der Lage, ein Bild der Wirtschaft zu zeichnen. Schwerwiegende Änderungen im Wirtschaftsverlauf würde die Fed somit erkennen. 

Abgesehen von den Leitzinsen fällte die US-Notenbank denn auch einen zweiten wichtigen Beschluss. Demnach beendet die Fed das Quantitative Tightening (QT) ab Dezember, d.h., die Notenbankbilanz wird nicht weiter zurückgeführt. Derzeit lässt die Fed noch monatlich bis zu 40 Mrd. USD an Anleihen (MBS und US-Treasuries) auslaufen. Ein Grund für das Ende von QT seien die jüngsten Spannungen am Geldmarkt. Powell machte aber auch klar, dass dies keine expansive Maßnahme sei. Die Liquiditätsreserven der Banken würden trotz stabiler Notenbankbilanz weiter zurückgehen, da mit einer wachsenden Wirtschaft unter anderem die Bargeldnachfrage zunimmt.

Powell stellt weitere Zinssenkung im Dezember bewusst in Frage

Die eigentliche Überraschung lieferte Powell dann aber beim Zinsausblick. In ungewöhnlicher Deutlichkeit unterstrich er, dass die Meinungen über das künftige Vorgehen innerhalb des Offenmarktausschusses stark divergieren würden. Eine weitere Zinssenkung im Dezember um 25 Basispunkte sei daher weit davon entfernt, eine beschlossene Sache zu sein. Mit anderen Worten ließ der Notenbankpräsident alle Optionen für die nächste Sitzung offen. Er stellte sich damit zugleich explizit gegen die Markterwartungen, die einen solchen Schritt bereits zu 100% eingepreist hatten. 

Das Meinungsspektrum beschrieb Powell so: Einige FOMC-Mitglieder würden die Arbeitsmarktrisiken unverändert als sehr hoch ansehen und entsprechend für zusätzliche geldpolitische Lockerungen plädieren. Ein anderer Teil sieht demgegenüber nach wie vor Inflationsrisiken und würde – auch weil sich die Leitzinsen dem neutralen Niveau annähern – lieber eine Zinspause einlegen. Der Dissens trat bereits offen im Rahmen der laufenden Sitzung zu Tage. Bei der Abstimmung über den Zinsentscheid gab es dieses Mal zwei Abweichler: Während Stephen Miran erneut für einen 50-Basispunkte-Schritt plädierte, sprach sich der Präsident der Federal Reserve Bank of Kansas City Jeffrey R. Schmid für unveränderte Leitzinsen aus.

Von journalistischer Seite gab es unter anderem einige kritische Anmerkungen zum KI-Boom und der Zinspolitik der Fed. Mithin stellt sich für viele die Frage, ob die geldpolitischen Lockerungen nicht die KI-Investitionswelle zusätzlich anheize und damit indirekt eine Entlassungswelle am Arbeitsmarkt auslöse. Dies verneinte Powell. Die Investitionsentscheidungen im Zusammenhang mit KI seien in der Regel langfristiger Natur und würden wenig vom aktuellen Zinsniveau abhängen.

Zinssenkungszyklus läuft aus

Alles in allem sehen wir uns durch die jüngsten – wenn auch begrenzten – Wirtschaftsdaten sowie die Aussagen Powells in unsere Einschätzung bestätigt, dass der Zinssenkungszyklus der Fed auf das Ende zuläuft. Die Wirtschaft der USA expandiert aktuell robust um 2% bis 3%. Im kommenden Jahr sollten sich darüber hinaus die konjunkturellen Perspektiven weiter aufhellen. Das Zollthema dürfte allmählich in den Hintergrund treten und dafür die positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (unter anderem die günstigen Finanzierungskonditionen) zum Tragen kommen. In Anbetracht dessen wird sich über kurz oder lang auch die Lage am US-Arbeitsmarkt stabilisieren. Die Notwendigkeit einer Absenkung der Leitzinsen in den expansiven Bereich besteht demzufolge nicht. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember halten wir zwar noch für sehr wahrscheinlich, danach wird die Luft aber dünner. Wir sehen daher den Tiefpunkt des Leitzinskorridors bei 3,50% bis 3,75% (bzw. maximal 3,25% bis 3,50%). Die Geldterminmärkte rechnen indessen bis Ende 2026 weiterhin mit Zinssenkungen um mehr als 100 Basispunkte – und damit einem Leitzinskorridor unter 3,00%.
 

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