Fed ist zum Abwarten verdammt

»Wait and see« war die zentrale Aussage bei den Erläuterungen Jerome Powells zum jüngsten Zinsentscheid. Zum dritten Mal nacheinander hat die Fed die Leitzinsen unverändert belassen. Angesichts der aktuell tiefen Arbeitslosigkeit und einer nur moderat überhöhten Inflation gebe es keinen Grund zur Eile, die geldpolitische Ausrichtung zu ändern. Der Ausblick ist aktuell so ungewiss wie selten. In unserem Basisszenario rechnen wir mit Zinssenkungen um 75 Bp bis 100 Bp im Laufe des 2. Halbjahrs 2025. Sollte die US-Wirtschaft aber in eine »echte« Rezession abrutschen – was ein großes Risiko ist – dürften die Leitzinssenkungen mindestens doppelt so hoch ausfallen.

Fed im wait-and-see-Modus

Nachdem die Fed die Leitzinsbandbreite Ende vergangenen Jahres innerhalb von drei Monaten um 100 Bp auf 4,25% bis 4,50% gesenkt hatte, hielt sie nun erneut still. Seit fünf Monaten bleibt damit die Geldpolitik unverändert leicht restriktiv. Begründet wird diese Ausrichtung mit dem nach wie vor soliden Wirtschaftswachstum, der geringen Arbeitslosigkeit und der immer noch zu hohen Inflation. Gänzlich gelassen geben sich die Währungshüter indes nicht. Vielmehr betont die Notenbank, dass die Unsicherheit bezüglich des wirtschaftlichen Ausblicks angesichts der wachsenden Zollbelastungen weiter zugenommen hat. Neu wird bereits in der kurzen schriftlichen Erläuterung zum Zinsentscheid explizit darauf hingewiesen, dass sowohl die Risiken einer höheren Arbeitslosigkeit als auch einer anziehenden Inflation gestiegen sind.

Einbrechende Stimmungsindikatoren können die Notenbank nicht zum Handeln bewegen

In der Pressekonferenz im Nachgang der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses ging Notenbankpräsident Jerome Powell darüber hinaus auf das Spannungsfeld robuster realwirtschaftlicher Daten auf der einen Seite und extrem nachgebender Stimmungsindikatoren auf der anderen Seite ein. Es sei derzeit noch völlig unklar, ob und in welchem Ausmaß die Realdaten den Stimmungsindikatoren folgen. Die Notenbank müsse sich daher in Geduld üben. Angesichts der aktuell tiefen Arbeitslosigkeit und einer nur moderat überhöhten Inflation gebe es auch keinen Grund zur Eile, die geldpolitische Ausrichtung zu ändern. Die Fed könne es sich mithin leisten, abzuwarten – das wiederholte Powell auffallend häufig. Es gelte zu beobachten, in welche Richtung sich die Aktivitätsdaten künftig bewegen, und wie sich die Verhandlungen in der Zollpolitik entwickeln.

Ausblick so ungewiss wie lange nicht mehr

Angesichts der vielfältigen Unsicherheiten ist der Ausblick für die Geldpolitik so ungewiss wie selten. In unserem Basisszenario gehen wir weiterhin davon aus, dass die US-Regierung eine Entspannung im Handelskonflikt anstrebt, weil ihr die drohenden schweren wirtschaftlichen Schäden eines eskalierenden Zollkonflikts durchaus bewusst sind. Selbst in diesem günstigen Fall dürfte sich jedoch die aktuelle Verunsicherung von Verbrauchern und Unternehmen in einer merklichen Wachstumsverlangsamung und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit niederschlagen. Als Reaktion darauf sollte die Fed die Leitzinsen im zweiten Halbjahr 2025 um 75 Bp bis 100 Bp senken. Wenn sich nach einer Entspannung an der Zollfront der Konjunkturausblick anschließend wieder aufhellt, könnten es die Währungshüter dabei bewenden lassen.

Ein Abgleiten in eine »echte« Rezession bleibt gleichwohl ein namhaftes Risikoszenario. Dazu könnte es kommen, wenn die sich anbahnende Abschwächung von Konsum und Investitionen bereits ausreicht, um eine konjunkturelle Abwärtsspirale in Gang zu setzen. Oder wenn Trump den Bogen bei den Zollverhandlungen überspannt und damit die Verunsicherung noch weiter anheizt. In diesen Fällen dürften die Leitzinssenkungen mindestens doppelt so hoch ausfallen wie in unserem Basisszenario.

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