Makro-Ausblick nahezu unverändert
Die EZB hat im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung erwartungsgemäß den Leitzins nochmals um 25 Basispunkte auf nunmehr 2,50% gesenkt. Begründet wird dies weiterhin mit dem intakten Disinflationstrend. Am makroökonomischen Ausblick hat sich im Vergleich zu Dezember bzw. Januar nicht viel geändert. Die offiziellen Wachstumsprognosen der EZB für 2025/2026 wurden moderat nach unten korrigiert (siehe Tabelle). Dies war vor allem eine technische Reaktion auf den niedriger als erwarten BIP-Zuwachs im 4. Quartal 2024 (0,05% statt 0,20%). Im Gegenzug wurde die Inflationsprognose geringfügig angehoben (siehe Tabelle). Insgesamt zeigt sich die Notenbank weiterhin zuversichtlich, dass das Inflationsziel in absehbarer Zeit erreicht wird und weist in diesem Zusammenhang auch immer wieder auf den stabilen Inflationsausblick für 2026/2027 hin.
EZB-Projektionen vom März 2025
Quelle: EZB, * Jahresdurchschnitt, in Klammern Projektionen vom Dezember 2024
In einem Punkt habe sich aber das Umfeld spürbar verändert: Es bestehe mittlerweile eine »phänomenale Unsicherheit« – speziell im Hinblick auf die US-Handelspolitik. Prognosen müssten daher aktuell generell mit Vorsicht betrachtet werden. Und in der Tat dürften sich die jüngsten Wachstumsprojektionen der EZB bereits als Makulatur erweisen. Darin nicht berücksichtig sind die zuletzt angekündigten Fiskalimpulse vonseiten Deutschlands und der EU. Auf Nachfrage bestätigte Notenbankpräsidentin Christine Lagarde, dass diese Maßnahmen derzeit erst noch von der EZB analysiert und geprüft werden.
Geldpolitik »bedeutend weniger restriktiv«
Die gestiegene Unsicherheit ist ein Grund, weshalb sich Lagarde zum künftigen Zinspfad nur vage äußerte. Der intakte Disinflationstrend spräche zwar für weitere geldpolitische Lockerungen. Gleichzeitig müsse man jedoch berücksichtigen, dass die Notenbank die Leitzinsen inzwischen um 150 Basispunkte zurückgeführt habe. Dies hat die Währungshüter veranlasst, ihre Politik nunmehr als »bedeutend weniger restriktiv« zu bezeichnen. Eine Formulierung, die auf ein in Zukunft vorsichtigeres Vorgehen hindeutet. Dies gilt umso mehr, als wie oben bemerkt, die Welt in den Auggen der EZB noch unsicherer geworden ist. Im Ergebnis kann konstatiert werden, dass sich Lagarde nicht mehr klar zu einer Serie an weiteren Leitzinssenkungen bekennen wollte. Sie betonte vielmehr, dass die EZB an keinerlei Zinspfad gebunden sei, entschieden werde von Sitzung zu Sitzung nach Datenlage. Für die April-Sitzung ließ sie damit alle Optionen offen (sprich nochmalige Zinssenkung oder Zinspause).
Zinspause im April möglich
Während Lagarde unbestimmt blieb, haben sich einige prominenter EZB-Vertreter (Villeroy de Galhau, Centeno, de Guindos) zuletzt klar dafür ausgesprochen, den Leitzins bis in den Sommer weiter in Richtung 2,00% abzusenken. Dies ist weiterhin ein möglicher Pfad. Dennoch hat mit dem geänderten Wording im EZB-Statement und den jüngsten politischen Ereignissen die Wahrscheinlichkeit zugenommen, dass im April eine Zinspause eingelegt wird. Demnach braut sich in Europa ein riesiger Fiskalstimulus zusammen. Allen voran Deutschland hat hier eine 180-Grad-Wende vollzogen. Darüber hinaus hat aber auch die EU verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Verteidigungsausgaben und Lockerung der Schuldenregeln ins Spiel gebracht. Dadurch verbessert sich nicht nur der Wachstumsausblick. Gleichzeitig drohen auch wieder höhere Inflationsraten.
Bis zum 17. April (nächste Notenbanksitzung) dürfte in Deutschland über das Sondervermögen (500 Mrd. Euro) und die gelockerte Schuldenbremse im Bundestag abgestimmt sein. Zu dieser Zeit dürfte auch Trump eine Entscheidung zu möglichen Strafzöllen gegenüber der EU getroffen haben. Allerdings sind hier die Auswirkungen zweigleisig. Hohe Strafzölle dürften einerseits den Wachstumsausblick dämpfen, andererseits (bei verhängten Gegenzölle der EU) aber auch die Inflation nach oben treiben.
In Anbetracht dieser Gemengelage ist die Zinsentscheidung im April ein Close Call. Wir sehen derzeit eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit, dass die EZB eine Zinspause einlegt und dann im Juni nochmals agiert und somit den Leitzins final auf 2,25% senkt. Im 2. Halbjahr 2025 schließt sich das Zeitfenster für weitere geldpolitische Lockerungen. Dann sollten zum einen die Unsicherheiten über die Trump’sche Zollpolitik abgeebbt sein. Zum anderen dürfte der konjunkturelle Aufwärtstrend in der Eurozone immer klarer zum Vorschein treten, nicht zuletzt auch wegen der jüngsten Fiskalimpulse. Zum Jahresende könnten schließlich sogar erste Diskussionen über eine wieder restriktivere Geldpolitik einsetzen.