EZB sieht sich in »völligem Gleichgewicht«

Die EZB sieht gegenwärtig keinen Handlungsbedarf in der Zinspolitik. Zum aktuellen makroökonomischen Umfeld passe das Leitzinsniveau von 2,00% perfekt, das von den Währungshütern als »neutral« angesehen wird. Wir gehen davon aus, dass die Konjunktur in der Eurozone in den nächsten Monaten anzieht und somit keine Notwendigkeit für zusätzliche geldpolitische Lockerungen besteht.

Lagarde gibt neutralen Zinsausblick

Die EZB hat im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung erwartungsgemäß ihren Kurs des Stillhaltens fortgeführt und den Leitzins zum vierten Mal in Folge unverändert gelassen. Mithin sieht sich die Notenbank weiter in einer guten Position, um abzuwarten. Die Währungshüter gehen davon aus, dass sich die Inflation in den nächsten Quartalen um 2,0% bewegt und damit im Einklang mit dem Inflationsziel steht. Gleichzeitig zeige sich die Wirtschaft resilient und wachse moderat. Für die Geldpolitik bestehe daher gegenwärtig kein Handlungsdruck.

Was die Wachstums- und Inflationsrisiken anbetrifft, wollte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht klar positionieren. Man hatte jedoch den Eindruck, als ob sie von den Währungshütern mittlerweile als nahezu ausgeglichen angesehen werden – auch beim Wachstum. Jedenfalls hätten die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft weiter abgenommen. In diesem Zusammenhang verwies Lagarde unter anderem auf den Handelsdeal zwischen den USA und der EU, die jüngste Annäherung im Zollkonflikt zwischen den USA und China sowie den Waffenstillstand im Nahen Osten. Die Gefahr von neuen Lieferengpässen (also einer Unterversorgung mit seltenen Erden oder Chips) müsste man jedoch im Auge behalten.

Insgesamt sieht sich die EZB – wohl wie selten zuvor – in einem Umfeld des völligen Gleichgewichts. In Anbetracht dessen war es auch wenig verwunderlich, dass Lagarde beim Zinsausblick eine komplett neutrale Haltung einnahm. Weder eine Neigung zu Zinssenkungen noch zu Zinserhöhungen war erkennbar. Auch auf mehrere Nachfragen von Journalisten wollte die Notenbankpräsidentin keinen Fall nennen, der die EZB zu weiteren geldpolitischen Lockerungen veranlassen würde.

Leitzins dürfte lange bei 2,00% verharren

Wir sehen uns durch die Aussagen von Lagarde in der Einschätzung bestätigt, dass der Zinssenkungszyklus ausgelaufen ist und mithin keine Notwendigkeit für weitere geldpolitische Lockerungen besteht. Die unterstreicht auch der jüngste Datenflow. Demnach ist das BIP im 3. Quartal moderat (+0,2% im Vergleich zum Vorquartal) gewachsen. Gleichzeitig deutet die Mehrzahl der offiziellen Frühindikatoren auf eine Belebung in den nächsten Monaten hin. Unsere eigenen, weit vorauslaufenden Frühindikatoren geben schließlich bis Ende 2026 grünes Licht für eine Fortsetzung des Aufschwungs (vgl. nachfolgende Abbildung).

Abbildung: Grünes Licht für Aufschwung

Quellen: S&P Global, Bantleon

Unterdessen bewegte sich die Inflation zuletzt geringfügig oberhalb von 2,0% und stand damit weitgehend im Einklang mit der Zielsetzung der EZB. Mit Blick nach vorne besteht zwar wegen der Euro-Stärke das »Risiko«, dass die Teuerung Anfang 2026 temporär leicht unter 2,0% fällt. Im Laufe des kommenden Jahres sollten dann aber die Inflationsgefahren wieder zunehmen und die Teuerungsrate über die 2,0%-Marke zurückkehren. Wir gehen daher davon aus, dass der Leitzins bis weit ins Jahr 2026 hinein bei 2,0% verharrt. Mit der Stabilisierung der Konjunktur dürfte sich die Debatte beim Zinsausblick ab dem Frühjahr 2026 allmählich in Richtung erster geldpolitischer Straffungen verschieben. 

Rechtlicher Hinweis

Die in diesem Beitrag gegebenen Informationen, Kommentare und Analysen dienen nur zu Informationszwecken und stellen weder eine Anlageberatung noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die hier dargestellten Informationen stützen sich auf Berichte und Auswertungen öffentlich zugänglicher Quellen. Obwohl die Bantleon AG der Auffassung ist, dass die Angaben auf verlässlichen Quellen beruhen, kann sie für die Qualität, Richtigkeit, Aktualität oder Vollständigkeit der Angaben keine Gewährleistung übernehmen. Eine Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich aus der Nutzung dieser Angaben ergeben, wird ausgeschlossen. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu.

nach oben