Die Erwartungen der meisten Finanzmarktakteure sind derzeit zu optimistisch. Das hat Bantleon Chefvolkswirt Dr. Harald Preissler im Interview mit der »Börsen-Zeitung« gesagt. »Nahezu jeder erwartet, dass die Zinsen bis zum Jahr 2016 moderat steigen werden, dass es eine moderate konjunkturelle Belebung geben wird und Aktien wegen des Anlagenotstands relativ gut abschneiden werden.« Er rechne jedoch auf der Basis von konjunkturellen Frühindikatoren mit einem Mid-Cycle Slowdown, also einer Verlangsamung des Wachstums. »Wir erwarten, dass die Indikatoren im Verlauf des zweiten Quartals den Hochpunkt erreichen. Einige könnten ihren Zenit sogar bereits überschritten haben.«
Die Wende dürfte Preissler zufolge im Verlauf des 2. Quartals am Aktienmarkt eine Korrektur auslösen, die einen Umfang von 15 bis 20% erreichen könnte. »Eine grosse Unbekannte ist jedoch die Krim-Krise, die die aktuelle positive Entwicklung brechen könnte, stellte er fest. »Sollte sich die Krise zuspitzen, dann würde die globale zyklische Trendwende nach unten bereits zum Ende des 1. Quartals einsetzen – also jetzt. Aber dies ist nur unser Risikoszenario.«
Mit der Wachstumsabschwächung würden die Bundesanleihenrenditen sinken. »Es könnte sogar sein, dass sie sich im weiteren Jahresverlauf im zehnjährigen Bereich noch einmal auf die 1%-Marke zubewegen. Das hängt ganz davon ab, auf welchem Renditeniveau die Konjunkturabkühlung einsetzt.« Ende 2014 oder Anfang 2015 werde die konjunkturelle Abkühlung aber wohl schon zu Ende sein. »Die schlechte Stimmung bereitet dann den Boden für die nächste Rallye des Aktienmarkts.«