Wie die EZB heute bekanntgab, hat sich das Geldmengenwachstum der Eurozone im Dezember entgegen den Erwartungen deutlich verlangsamt. Im Vergleich zum Vormonat ging der Bestand von M3 (Bargeld, Sicht-, Termin-, Spareinlagen sowie Geldmarktfonds und kurzfristige Inhaberschuldverschreibungen) um 47,6 Mrd. EUR zurück (‑0,5%), was den grössten Rückgang seit Januar 2009 darstellte. Die Jahresrate sank parallel auf einen 3½‑jährigen Tiefststand von 1,0% (nach 1,5% im November, vgl. Abb. 1).
Geldmengenwachstum der Eurozone im Sinkflug
Abb. 1: Auf Tauchstation

Quellen: EZB, Bantleon
Auch wenn das M3-Wachstum in den vergangenen Jahren als Indikator für die künftige Preisentwicklung an Prognosekraft eingebüsst hat, findet die Geldmengentwicklung nach wie vor bei der EZB grosse Beachtung. Um daraus verwertbare Rückschlüsse zu ziehen, komme es nach Aussagen der Währungshüter jedoch mehr denn je auf eine genaue Analyse der Zahlen an. Der jüngste Abwärtstrend im M3-Wachstum wurde vor allem von den am wenigsten liquiden Komponenten (Spar- und Termineinlagen, Geldmarktfonds) hervorgerufen. Das niedrige Zinsniveau hat diese Anlagen zunehmend unattraktiv für Investoren gemacht. Im Dezember 2013 kam indes ein starker Abfluss bei Tagesgeld hinzu (vor allem von den Konten der Privathaushalte und des Staates), der auch das M1‑Wachstum kräftig nach unten gezogen hat (von 6,5% auf 5,8%). Fast noch wichtiger als die Geldmengenzahlen selbst sind deren »Gegenpositionen« auf der Aktivseite der Bankbilanzen. Schliesslich entsteht »Geld« hauptsächlich durch Kreditschöpfung der Banken. In Abb. 2 sind die Monatsveränderungen der verschiedenen Aktivgeschäfte der Banken aufgegliedert. Es wird deutlich, dass die Kreditinstitute in den vergangenen Monaten ihre Geschäftstätigkeit auf breiter Front zurückgefahren haben. Nicht nur Buchkredite, sondern vor allem Wertpapierbestände verzeichneten hohe Abflüsse. So wurden z.B. im Dezember die Bestände an Staats- und Unternehmensanleihen um knapp 60 Mrd. EUR reduziert (nach bereits -46 Mrd. EUR im November). Bei den Buchkrediten kam es hingegen »nur« zu einer Abnahme um 24 Mrd. EUR.
Abb. 2: Banken drosseln Aktivgeschäft

Quellen: EZB, Bantleon
Taucht man noch tiefer in die Kreditstatistik ein, sind sogar erste Signale einer Bodenbildung auszumachen. So sank das ausstehende Volumen der Unternehmenskredite lediglich um 3 Mrd. EUR – der kleinste Rückgang seit März 2013. Zugleich verringerte sich der Vorjahresabstand von -3,8% auf -3,0%. Insgesamt spiegelt sich in den schwachen Geldmengen- und Kreditdaten somit weniger eine nochmalige Abkühlung der Kreditvergabetätigkeit wieder. Vielmehr waren offenbar viele Banken am Jahresende darum bemüht, ihre Bilanzen zu bereinigen, um sich für die »Asset Quality Review« der EZB zu präparieren. Sie haben dazu vor allem ihre Anleihenbestände reduziert. Dass Staatsanleihen der Peripherie dennoch im Dezember Kursgewinne verbuchten, lag an der Auslandsnachfrage. Auch dies unterstreichen die jüngsten Geldmengenzahlen nachdrücklich. Demnach kam es im Dezember erneut zu starken Kapitalzuflüssen in die Eurozone (+61 Mrd. EUR). Mithin wäre ohne diesen Stützungsfaktor das M3-Wachstum zum Jahresende noch schwächer ausgefallen. Alles in allem sind die Dezember-Daten zur Geldmenge durch Sonderfaktoren (Bilanzprüfung der EZB) nach unten verzerrt. Sie werden dennoch denjenigen im EZB-Rat in die Hände spielen, die für weitere geldpolitische Lockerungen plädieren. Ob diesen Forderungen letztendlich nachgegeben wird, dürfte aber von anderen Faktoren abhängen. Sollten die Konjunkturindikatoren in den nächsten Monaten aufwärtsgerichtet bleiben und es gleichzeitig zu einer Stabilisierung bei der Inflation kommen, wovon wir ausgehen, sollte die EZB von zusätzlichen expansiven Massnahmen absehen. Kommt es hingegen zu einem nochmaligen Abrutschen der Inflation, werden die Währungshüter wohl um ein zusätzliches Signal nicht umhinkommen.
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